Handlungs- und Regelungsbedarf bei Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen im öffentlichen Dienst

Vorangegangene Prüfungen des Rechnungshofes zeigen: Der Umgang mit Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen ist eine wiederkehrende und problematische Thematik. Mit Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen können Interessenkonflikte verbunden sein. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen“ zeigt der Rechnungshof Handlungsbedarf auf: Gesetzliche Regelungen sind uneinheitlich und lückenhaft. Zudem zeigten sich zahlreiche Mängel im Vollzug des jeweils geltenden Dienstrechtes. So war keine der überprüften Stellen in der Lage, dem Rechnungshof eine vollständige Übersicht über die Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen ihrer Bediensteten zu übermitteln. Die Prüferinnen und Prüfer kritisieren zudem die Anhäufung von Nebentätigkeiten bei einzelnen Bediensteten – hier besteht das Risiko, dass die Haupttätigkeit nicht ordnungsgemäß erfüllt werden kann. Überprüft wurde das Personalmanagement im Finanzministerium, im vormaligen Klimaschutzministerium, im vormaligen Beamtenministerium, des Landes Burgenland sowie des Landes Oberösterreich. Prüfungszeitraum sind die Jahre 2020 bis 2023.
Nebentätigkeiten: Gesetzliche Regelungen uneinheitlich und lückenhaft
Eine Gebietskörperschaft kann ihren Bediensteten Tätigkeiten übertragen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben stehen, etwa Vortrags- oder Prüfungstätigkeiten. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen waren jedoch zwischen den Gebietskörperschaften sowie den einzelnen Bedienstetengruppen – Beamtinnen und Beamte sowie Vertragsbedienstete – uneinheitlich und lückenhaft. Uneinheitlich war auch der Vollzug.
Erst mit der Dienstrechts-Novelle 2024 wurde die bis dahin nur für Bundesbeamtinnen und -beamte geltende Regelung zu Nebentätigkeiten für Vertragsbedienstete des Bundes übernommen.
Im Burgenland und in Oberösterreich sind Vergütungen für Nebentätigkeiten während der Dienstzeit nicht oder nicht gänzlich ausgeschlossen. Regelungen für Bundesbeamtinnen und -beamte schließen eine Vergütung für Nebentätigkeiten aus, wenn diese in der Dienstzeit ausgeübt werden.
Insgesamt fehlte es auch an Klarheit bei der Abgrenzung von der Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit.
Vergütungen nur für Nebentätigkeiten außerhalb der Dienstzeit
Der Rechnungshof empfiehlt dem nunmehr für den öffentlichen Dienst zuständigen Bundeskanzleramt sowie den Ländern Burgenland und Oberösterreich, den bestehenden Handlungsbedarf aufzugreifen und dafür jeweils Vorschläge in Form einer Regierungsvorlage zu erarbeiten. Nebentätigkeiten sollen klar von der Haupttätigkeit abgegrenzt werden und sie sollen für alle Bediensteten gleich geregelt werden. Vergütung von Nebentätigkeiten sollten nur dann gebühren, wenn diese außerhalb der Dienstzeit ausgeübt werden.
In Oberösterreich nur erwerbsmäßige Nebenbeschäftigungen erfasst
Uneinheitlich ist die Rechtslage auch bei den Nebenbeschäftigungen. Diese stehen außerhalb des Dienstverhältnisses von öffentlich Bediensteten. Sie dürfen keine Nebenbeschäftigung ausüben, die sie an der Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben hindert, die Vermutung der Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. In Oberösterreich sind – im Gegensatz zum Bund und zum Burgenland – nur erwerbsmäßige Tätigkeiten vom Begriff der Nebenbeschäftigung erfasst.
Meldepflicht sämtlicher Nebenbeschäftigungen
Auch bei den Nebenbeschäftigungen sieht der Rechnungshof Handlungsbedarf: So sollten sämtliche außerberufliche – auch ehrenamtliche – Tätigkeiten als Nebenbeschäftigung definiert werden. Denn: Nebenbeschäftigungen sind unabhängig von ihrer Erwerbsmäßigkeit geeignet, Interessenkonflikte zu begründen.
Nebenbeschäftigungen über der einkommensteuerrechtlichen Zuverdienstgrenze sollten vor Ausübung genehmigt werden und Organfunktionen in allen juristischen Personen, unabhängig von damit erzielten Einkünften, gemeldet werden müssen.
Zahlreiche Mängel im Vollzug
Der Rechnungshof hat außerdem den Vollzug durch die jeweils zuständige Dienstbehörde beziehungsweise Personalstelle und die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben geprüft. Für das Jahr 2022 übermittelten das Finanzministerium, das Klimaschutzministerium, das Beamtenministerium, das Land Burgenland sowie das Land Oberösterreich Übersichten zu insgesamt 2.051 Nebentätigkeiten und 5.014 Nebenbeschäftigungen ihrer Bediensteten. Daraus zog der Rechnungshof anonymisiert eine risikoorientierte Stichprobe: 479 Nebentätigkeiten und 570 Nebenbeschäftigungen von 295 Bediensteten wurden detailliert überprüft.
Die Bilanz: Es zeigten sich zahlreiche Mängel im Vollzug; bei rund einem Drittel der Bediensteten wiesen die Unterlagen schwere Mängel auf: Dies betraf bei Nebentätigkeiten Dokumentationsmängel, nicht nachvollziehbare Einträge in der Zeiterfassung und die Vergütungen.
Bei den Nebenbeschäftigungen moniert der Rechnungshof zum Teil unterbliebene Befassungen durch Personalabteilungen, die für die Prüfung der Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung zuständig sind. Auch fehlten Meldungen von Nebenbeschäftigungen. Der Rechnungshof empfiehlt, sämtliche Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen zentral und vollständig automationsunterstützt zu erfassen. Die zuständige Dienstbehörde beziehungsweise Personalstelle soll die inhaltliche Beurteilung der Zulässigkeit der Nebenbeschäftigungen nachvollziehbar dokumentieren.
Anhäufung von Nebentätigkeiten
Die überprüfte Stichprobe enthielt 64 Bedienstete, die mindestens drei Nebentätigkeiten ausübten – im Durchschnitt kamen sie auf 4,66 Nebentätigkeiten pro Person. Vor allem Aufsichtsfunktionen wurden wahrgenommen. Die meisten staatlichen Aufsichtsfunktionen hatten Bedienstete im Finanzministerium inne.
In der Stichprobe hatten fünf Bedienstete zwischen acht und zwölf Nebentätigkeiten.
Infolge der Kumulierung von Aufsichtsratsmandaten bei einzelnen Bediensteten wurden im Jahr 2022 Aufsichtsratsvergütungen von bis zu rund 82.000 Euro ausbezahlt.
Hinzu kommt: 59 Prozent von diesen 64 Personen hatten zusätzlich noch mindestens eine Nebenbeschäftigung gemeldet und 63 Prozent hatten eine Führungsfunktion inne.
Erfüllung der Haupttätigkeit muss sichergestellt sein
Die ordnungsgemäße Erfüllung der als Haupttätigkeit übertragenen Aufgaben durch die Bediensteten muss jederzeit sichergestellt sein. Der Rechnungshof kritisiert, dass die überprüften Stellen Nebentätigkeiten ohne Berücksichtigung der Anzahl der bereits übertragenen und ausgeübten Nebentätigkeiten und ohne Bezugnahme auf die zeitliche Vereinbarkeit mit der Haupttätigkeit übertrugen. Dies erhöht das Risiko, dass die als Haupttätigkeit übertragenen Aufgaben nur mehr eingeschränkt erfüllt werden.
Presseinformation: Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen
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- Umfang:
- 118 Seiten
Bericht: Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen
Der Rechnungshof überprüfte die Gebarung hinsichtlich Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen der Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen
Dienst und Sport, des Landes Burgenland sowie des Landes Oberösterreich.
Ziele der Gebarungsüberprüfung waren insbesondere die Darstellung und gebarungsrelevante Beurteilung der Rechtsgrundlagen für Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen, der Übertragung und Vergütung von Nebentätigkeiten sowie des Umgangs mit Nebenbeschäftigungen (Meldung, Prüfung der Zulässigkeit, Genehmigung).
Der überprüfte Zeitraum betraf die Jahre 2020 bis 2023, die Stichprobenziehung bezog sich auf das Jahr 2022.