Umweltverträglichkeitsprüfung: Das Erstellen von Bescheiden darf nicht an Externe ausgelagert werden

30. Juni 2023 – Rechnungshof mahnt Transparenz und Nachvollziehbarkeit ein

Auf Verlangen von Abgeordneten des Landtags Steiermark prüfte der Rechnungshof die Abwicklung von Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung. Wie Bescheide im Rahmen der UVP zustande kamen, war Kernthema der Prüfung. Es zeigte sich: Bei mindestens drei Verfahren wurden Textteile beziehungsweise Formulierungen von Projektwerbern an Bedienstete der UVP-Behörde übermittelt, die sich mitunter wortident in Bescheiden wiederfanden. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Abwicklung von Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung in der Steiermark“ betont der Rechnungshof, dass die Durchführung von Bewilligungsverfahren sowie die Erstellung von Bescheiden hoheitliche Kernaufgaben sind, die nicht an Externe ausgelagert werden dürfen. Abstimmungen zwischen der Behörde und Projektwerbern müssten transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden. Prüfzeitraum waren die Jahre 2015 bis 2021.

Bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) soll festgestellt werden, welche Auswirkungen Vorhaben unter anderem auf Menschen, die biologische Vielfalt, Fläche, Boden, Wasser, Luft und Klima haben. In der Steiermark führt die Umweltrechts-Abteilung des Landes die UVP durch. Ihre Genehmigungsverfahren sind mit Bescheid abzuschließen. Bei ihrer Entscheidung muss die Behörde die Ergebnisse der UVP berücksichtigen. Anträge sind abzuweisen, wenn durch das Vorhaben schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können.

Bescheide vorab abgestimmt

Die Prüfung des Rechnungshofes zeigt: Für mindestens drei Verfahren lag ein E-Mail-Verkehr von Bevollmächtigten der Projektwerber an Bedienstete der UVP-Behörde vor, der Textteile beziehungsweise Formulierungen der jeweiligen Entscheidungen zum Inhalt hatte. Ein Vertreter der UVP-Behörde übermittelte der Projektwerberseite in mindestens zwei Verfahren Entwürfe von Bescheiden zur Abstimmung.

Überarbeitungen eines Anwalts fanden sich zum Teil wortident in einer „Beschwerdevorentscheidung“ der Bezirkshauptmannschaft für eine Motorsportveranstaltung wieder. Im UVP-Genehmigungsverfahren zum Pumpspeicherkraftwerk Koralm übermittelte die Geschäftsführerin eines Planungsbüros einem damaligen UVP-Referenten Textteile, etwa zur Naturverträglichkeitsprüfung und zur Interessenabwägung. Diese fanden sich großteils wortident im Bescheid vom September 2021 wieder.

Und: Bei einer UVP-Änderungsbewilligung betreffend Wasserrecht für eine Abfallbehandlungsanlage in St. Michael in Obersteiermark übermittelte die damalige Geschäftsführerin eines Planungsbüros, das den Projektwerber vertrat, einem damaligen UVP-Referenten im November 2020 Textteile zu Spruchpunkten, wasserrechtliche Konsensmengen und Auflagen, die sich großteils wortident im Bescheid vom Dezember 2020 wiederfanden.

Hoheitliche Kernaufgaben

Bewilligungsverfahren und die Erstellung von Bescheiden sind hoheitliche Kernaufgaben. Diese dürfen nicht an Externe ausgelagert werden. Inwieweit sich aus den vom Rechnungshof erhobenen Sachverhalten eine inhaltliche Einflussnahme von Projektwerberseite auf die Bescheiderstellung ableiten lässt beziehungsweise strafrechtlich relevant ist, bleibt für den Rechnungshof in Anbetracht der ihm zur Verfügung stehenden Prüfungsinstrumente offen. Auch ist eine entsprechende Beurteilung nicht seine Aufgabe.

Der Rechnungshof empfiehlt: Es ist dafür zu sorgen, dass hoheitliche Kernaufgaben – insbesondere die rechtliche Würdigung und Interessenabwägung – durch die zuständige Behörde selbst durchgeführt werden. Abstimmungen zwischen UVP-Behörde und Projektwerbern vor Antragstellung sind transparent und systematisch vorzunehmen. Die Ergebnisse sind nachvollziehbar zu dokumentieren, um Verfahrensverzögerungen und Verbesserungsaufträge im UVP-Genehmigungsverfahren möglichst zu vermeiden.

Presseinformation: Abwicklung von Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung in der Steiermark

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Umfang: 
120 Seiten

Bericht: Abwicklung von Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung in der Steiermark

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