Vom Grünland zum Betriebsbaugebiet: Rodung in Ohlsdorf kam nicht ordnungsgemäß zustande

07. Dezember 2023 – Rodung von Waldflächen ohne ausreichende Prüfung der Voraussetzungen

Luftaufnahme der Gemeinde Ohlsdorf - Copyright: Foto: DORIS.at

Rodung von Waldflächen ohne ausreichende Prüfung der Voraussetzungen, unverbindliche allgemeine Grundlagen in der Raumordnung, unvollständige Begründung zur Umweltverträglichkeit: Das stellt der Rechnungshof unter anderem in seinem heute veröffentlichten Bericht „Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf“ fest. Bei der Entwicklung des Betriebsbaugebiets wurde eine mehrheitlich bewaldete Fläche umgewidmet und gerodet. Die Fläche von 18,81 Hektar umfasste Grundstücke, die im Eigentum der Bundesforste, der ASFINAG und einer Privatperson standen und an ein Privatunternehmen verkauft wurden. Das Privatunternehmen verkaufte die Flächen an ein Immobilienunternehmen weiter und erzielte dabei einen Mehrerlös von 12,20 Millionen Euro. Überprüfter Zeitraum waren die Jahre 2017 bis 2022.

Die Gemeinde Ohlsdorf liegt im Bezirk Gmunden im Traunviertel. Das Betriebs­ baugebiet Ehrenfeld II befindet sich im nordöstlichen Teil des Gemeindegebiets und umfasst eine Fläche von 18,23 Hektar, die als Bauland­-Betriebsbaugebiet ausgewiesen ist. Die dafür erforderliche Umwidmung von Grünland in Bauland­-Betriebsbaugebiet beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Ohlsdorf im Dezember 2018, die Oberösterreichische Landesregierung als Aufsichtsbehörde genehmigte sie im Jänner 2020. Der Aufsichtsbehörde fehlten jedoch klare, verbindliche Grundlagen, wie unterschiedliche Raumordnungsziele auf regionaler Ebene zu priorisieren beziehungsweise umzusetzen waren.

Fehlende Voraussetzungen für Rodungsbewilligung

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erteilte dem Privatunternehmen im Oktober 2021 die Rodungsbewilligung. Aufgrund von Informationen und Unterlagen, die dem Rechnungshof vorliegen, ist jedoch davon auszugehen, dass das Privatunternehmen weder bei der Antragstellung noch bei der Bewilligung der Rodung über die gesetzlichen Voraussetzungen verfügte, diese zu beantragen.

Öffentliches Interesse an Rodung nicht nachvollziehbar

Laut Forstgesetz sind Rodungen grundsätzlich verboten. Die Behörde kann eine Rodungsbewilligung erteilen, wenn etwa ein besonderes öffentliches Interesse an einer Rodung überwiegt. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden bewilligte die Rodung, obwohl der Rodungszweck nur teilweise begründet und wenig konkretisiert war. Das Privatunternehmen präzisierte zwar nach Aufforderung durch die Bezirkshauptmannschaft noch den Rodungszweck, um das öffentliche Interesse zu begründen mit: Verkauf der Fläche und anschließende Ansiedlung von Logistikbetrieben. Dabei sollten rund 600 Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei Erteilung der Rodungsbewilligung war jedoch offen, inwiefern es tatsächlich umsetzbar war, rund 600 Arbeitsplätze zu schaffen, hält der Rechnungshof fest.

Was außerdem fehlte: Die Grundstücke für die Ersatzaufforstungen, die die Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorschrieb. Diese hätten gemäß Rodungserlass spätestens bei Bewilligung der Rodung bekannt sein müssen. Die Bezirkshauptmannschaft bewilligte jedoch die Rodung, obwohl das Privat­ unternehmen 23 Prozent beziehungsweise 6,52 Hektar der Ersatzaufforstungsflächen noch nicht bekannt gegeben hatte.

Entscheidung gegen Umweltverträglichkeitsprüfung nur teilweise begründet

Im Februar 2021 entschied die Oberösterreichische Landesregierung, dass für die Rodung des Betriebsbaugebiets keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich war. Sie behandelte dabei jedoch in der Einzelfallprüfung nicht alle Auswirkungen der Rodung auf relevante Schutzgüter. Damit war die Entscheidung der Landesregierung nur teilweise begründet. Der Rechnungshof empfiehlt, begründete Prognosen zu treffen, wie sich ein Vorhaben auf alle relevanten Schutzgüter, etwa Luft, Klima oder Wasser, auswirken würde.

Bundesforsten entging möglicher zusätzlicher Verkaufserlös

Im Jänner 2022 verkauften die Republik Österreich, vertreten durch das Finanzministerium, das ASFINAG­-Grundstück sowie die Bundesforste ihre Grundstücke an das Privatunternehmen. Dieses verkaufte die Grundstücke im Jänner und Juni 2022 weiter und erzielte dabei laut Kaufverträgen einen Mehrerlös von 12,20 Millionen Euro. Die Bundesforste hatten im Unterschied zur ASFINAG keine Nachbesserungsklausel vereinbart, obwohl sie wussten, dass das Privatunternehmen plante, die Flächen zeitnah weiterzuveräußern. Damit verzichteten die Bundesforste auf einen potenziellen weiteren Verkaufserlös. Außerdem zeigte sich: Die ASFINAG und die Bundesforste ließen ihre Grundstücke vor Verkauf zwar per Gutachten bewerten, plausibilisierten diese jedoch nicht. Es bestand dadurch das Risiko finanzieller Nachteile durch unsachgemäß hergeleitete Verkehrswerte.

Verbindliche Raumordnungsprogramme notwendig

Was sich bei der Errichtung des Betriebsbaugebiets Ehrenfeld II besonders zeigt: Der Landesregierung, den Gemeinden und ihren Organen fehlt eine klare, verbindliche Grundlage dazu, wie sie die unterschiedlichen Raumordnungsziele auf regionaler Ebene zu priorisieren und umzusetzen haben. So können die Ziele, Umwelt und Klima zu schützen sowie Grund und Boden sparsam in Anspruch zu nehmen, dem Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung zuwiderlaufen. Daher lautet die Empfehlung des Rechnungshofes, für sämtliche Regionen verbindliche regionale Raumordnungsprogramme zu erlassen.


Presseinformation: Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf


pdf Datei: 
3,227.5 KB
Umfang: 
98 Seiten

Bericht: Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf

Der Rechnungshof überprüfte von November 2022 bis März 2023 die Entwicklung des Betriebsbaugebiets Ehrenfeld II Viecht in der oberösterreichischen Gemeinde Ohlsdorf (Bezirk Gmunden). Prüfungsziele waren die Beurteilung der beim Land Oberösterreich und der Bezirkshauptmannschaft Gmunden geführten Verfahren im Zusammenhang mit der Errichtung und Rodung des Betriebsbaugebiets Ehrenfeld II sowie die Beurteilung der damit verbundenen Liegenschaftstransaktionen durch die ASFINAG und die Österreichische Bundesforste AG. Überprüfter Zeitraum waren die Jahre 2017 bis 2022. Eine materiell-rechtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen war nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung.

Bericht: Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf Herunterladen