Rechnungshof prüfte Sanierung des Parlamentsgebäudes

29. September 2023  – Für ein Projekt dieser Bedeutung wenig Kritikpunkte

Das unter Denkmalschutz stehende Parlamentsgebäude wurde in den Jahren 2018 bis 2022 umfassend saniert und schließlich im Jänner 2023 eröffnet. Insgesamt drei Berichte hat der Rechnungshof dazu vorgelegt. Die daraus resultierenden Empfehlungen will er auch als Richtschnur für öffentliche Bauherren verstanden wissen, die Projekte dieser Dimension abzuwickeln haben. Im heute veröffentlichten Bericht „Sanierung Parlamentsgebäude“ wurden Organisation, Termin-, Kosten- und Budgetentwicklung, Vergaben, Bestandserhebung und Nachhaltigkeit geprüft. Schwächen gab es bei der Ausführungsterminplanung, bei der Erkundung von Schad- und Störstoffen sowie bei der Qualitätssicherung von Ausschreibungsunterlagen. Das Mängelmanagement sehen die Prüferinnen und Prüfer positiv. Hinsichtlich Barrierefreiheit und Brandschutz wurden der gesetzeskonforme Zustand hergestellt und die Projektziele erreicht. Außerdem konnte der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter reduziert werden. Geprüft wurden die Jahre 2015 bis 2022.

Kosten 19 Prozent über Plan

Das Projekt Sanierung Parlament besteht aus dem Teilprojekt Sanierung des Parlamentsgebäudes und dem Teilprojekt Interimslokation und Übersiedlung. Für beide Projekte werden voraussichtlich Kosten von 517,52 Millionen Euro inklusive Umsatzsteuer anfallen. Die Kosten liegen somit 19 Prozent – also 83,12 Millionen Euro – über einer Schätzung vom November 2015. Der Betrag ist aufgrund noch ausständiger Schlussrechnungen und noch offener Verhandlungen mit Unsicherheiten behaftet. Zudem fielen im engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der Sanierung des Parlamentsgebäudes weitere Kosten im Umfang von 18,04 Millionen Euro sowie 3,09 Millionen Euro für die Vorbereitung des Projekts an.

Die Sanierung des Gebäudes schlägt laut Prognosen mit 362,77 Millionen Euro zu Buche. Bei den Hauptaufträgen kam es zu Mehrkosten von 53,1 Prozent gegenüber den Auftragssummen. Änderungen gegenüber der freigegebenen Entwurfsplanung und die verlängerte Bauzeit, etwa wegen der COVID-19-Pandemie, sind Ursachen für die Zusatzaufträge. Mehr als geplant ausgegeben wurde vor allem in den Hauptgewerken Baumeister, Heizung-Klima-Lüftung-Sanitär und Elektrotechnik.

Fertigstellung verzögerte sich um 26,5 Monate

Das Parlamentsgebäude war 26,5 Monate später fertiggestellt als im Vertieften Vorentwurf geplant. Bereits vor Beginn der Pandemie war das Projekt um 16,6 Monate verzögert. Gründe dafür: Es gab zunächst keine umfassende Schad- und Störstofferkundung und Vergabeverfahren wurden widerrufen, weil die Angebote der Bieter die Kostenobergrenze deutlich überschritten. Auch Umplanungen sowie Projektoptimierungen kosteten Zeit. Laut Parlamentsdirektion und Bundesimmobiliengesellschaft sind rund sieben Monate der Verzögerung auf Maßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückzuführen.

Terminplan sollte spätestens zu Baubeginn stehen

Zu Baubeginn lag der Ausführungsterminplan nicht in der erforderlichen Detailschärfe vor. Weder die Hauptleistungen noch die Pönaltermine für das gesamte Projekt waren im Ausführungsterminplan abgebildet. So konnten Terminkollisionen schwerer erkannt werden. Die Empfehlung der Prüferinnen und Prüfer: Zum Zeitpunkt der Ausschreibung beziehungsweise spätestens zu Baubeginn sollte ein Ausführungsterminplan mit allen Hauptleistungen inklusive Ausbauphase und mit allen Pönalterminen zur Verfügung stehen.

Mängel bei Ausschreibungsunterlagen

Eine ausschreibungsreife Planung ist die Grundlage für die Vergabe von Bauleistungen. Dazu gehört eine entsprechende Qualitätssicherung. Von der Örtlichen Bauaufsicht und der Begleitenden Kontrolle aufgezeigte Mängel bei den Ausschreibungsunterlagen – etwa bei den Gewerken Holzausstattung, Natursteinarbeiten, Möbeltischler und Schlosser – wurden nicht behoben. Das führte zu Leistungsabweichungen und Zusatzaufträgen. Zusatzaufträge unterlagen dadurch nicht mehr dem Wettbewerb. Der Rechnungshof empfiehlt: Im Qualitätssicherungsprozess der Ausschreibungsunterlagen wäre auf eine konsequente Abarbeitung sämtlicher Anmerkungen von am Prüfprozess beteiligten Auftragnehmern zu achten, um Mängel in den Leistungsverzeichnissen zu verhindern und Mehrkosten hintanzuhalten.

Verspätete Schad- und Störstofferkundung

Der Rechnungshof hatte bereits in seinem Bericht zum Vertieften Vorentwurf darauf hingewiesen, dass keine Schad- und Störstofferkundung durchgeführt worden war. 2016 wurde eine Untersuchung für nur sechs Stellen im gesamten Haus veranlasst. Der Auftragnehmer des Gewerks Baumeister wies schließlich darauf hin, dass eine umfassende Schad- und Störstofferkundung fehlte. Diese wurde mit 130 Untersuchungen in der Zeit von Mai bis Dezember 2018 nachgeholt. Letztlich waren in allen Geschoßen mehrere Schadstoffe vorhanden; Rückbaumaßnahmen wurden nötig. Die späte Schad- und Störstofferkundung führte zu einer Verlängerung der Bauzeit von drei Monaten und zu vermeidbaren Mehrkosten von 1,47 Millionen Euro.

Fassadensanierung nachträglich beauftragt

Außerdem hatte der Rechnungshof im Bericht zum Vertieften Vorentwurf darauf hingewiesen, dass Teile der Fassade sanierungsbedürftig waren und daher Leistungen beziehungsweise Kosten im Projekt aufzunehmen wären. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen wurden jedoch nicht in die ursprüngliche Planung aufgenommen. Die Sanierung der Innenhof- und Außenfassaden belief sich schlussendlich auf 6,83 Millionen Euro. Diese Leistungen wurden großteils über Zusatzaufträge (4,92 Millionen Euro) abgerechnet. Die Preisbildung dieser Leistungen unterlag dadurch nicht mehr dem Wettbewerb.

Weniger Energiebedarf, mehr Fläche, mehr Besucherinnen und Besucher

Der Rechnungshof hält fest, dass die Barrierefreiheit und der Brandschutz im Zuge der nachhaltigen Sanierung des Parlamentsgebäudes gesetzeskonform umgesetzt wurden. Die Sanierungsmaßnahmen führten zu einer energetischen Einsparung beim Heizenergiebedarf je Quadratmeter und Jahr um 61 Prozent. Allerdings: Der Endenergiebedarf für das Gebäude ist nahezu ident zum Zustand vor seiner Sanierung. Denn: Die genutzte Fläche stieg von 36.802 Quadratmetern auf 42.993 Quadratmeter. Zudem erhöhte sich auch die Zahl der Besucherinnen und Besucher: Vor der Sanierung zählte das Parlament jährlich im Durchschnitt 100.000 Besucherinnen und Besucher – für 2023 werden 500.000 erwartet.

Außerdem sind seit der Sanierung rund 100 Quadratmeter weniger an Bürofläche vorhanden. Zugleich stieg der Anteil von zugemieteten Flächen um 19.448 Quadratmeter; dies führte zu zusätzlichen jährlichen Mietkosten von 3,34 Millionen Euro.


Presseinformation: Sanierung Parlamentsgebäude


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Umfang: 
116 Seiten

Bericht: Sanierung Parlamentsgebäude

Der Rechnungshof überprüfte von Oktober 2022 bis April 2023 bei der Parlamentsdirektion und der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. die Abwicklung des Projekts Sanierung Parlament mit den Schwerpunkten Organisation, Termin-, Kosten- und Budgetentwicklung, Vergaben und Nachhaltigkeit.

Die Gebarungsüberprüfung baute auf den ersten beiden Rechnungshof-Berichten zur Sanierung des Parlamentsgebäudes auf. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2015 bis 2022, berücksichtigte aber auch aktuelle Entwicklungen.

Der Rechnungshof zielt mit dem vorliegenden Bericht und dem damit verbundenen Beratungsansatz darauf ab, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, Risiken zu skizzieren und Empfehlungen auszusprechen. Dabei steht bei seinen Empfehlungen im Mittelpunkt, wie in Zukunft öffentliche Bauherren bei der Sanierung von historischen Gebäuden mit einer großen öffentlichen Bedeutung vorgehen sollen. Die damit verbundene Wirkung soll zu einem Mehrwert und Nutzen führen, um zukünftigen Mängeln präventiv zu begegnen und Verbesserungspotenziale zu heben.

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