COVID-19-Tests: Großer individueller Nutzen, bei künftigen Pandemien aber strategisches Vorgehen nötig

21. Juli 2023 – Länder setzten Teststrategie unterschiedlich um

In Österreich wurde in der COVID-19-Pandemie ein niederschwelliges, wohnortnahes und unentgeltliches Testangebot für die Bevölkerung geschaffen. Dies erfolgte, um beispielsweise den Anstieg von Infektionen frühzeitig zu erkennen. Die Entscheidung für das breite Testangebot wurde jedoch ohne strategische Grundlage und entsprechende Vorbereitung getroffen. Das kritisiert der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Bevölkerungsweite COVID-19-Tests“. Fehlende Vorgaben zur Umsetzung von bevölkerungsweiten Tests führten unter anderem dazu, dass die Länder die Teststrategie unterschiedlich umsetzten. Als „Lessons Learned“ für künftige Maßnahmen zur Pandemiebewältigung empfehlen die Prüferinnen und Prüfer, klare Zielvorgaben festzulegen, damit österreichweit eine vergleichbare Vorgehensweise gewährleistet ist. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2020 und 2021.

Für das Pandemiemanagement war das Gesundheitsministerium zuständig. Es veröffentlichte im August 2020 die Österreichische Teststrategie. Diese war auf zielgerichtetes und risikoorientiertes Testen ausgerichtet und sah ursprünglich keine bevölkerungsweiten Tests vor. Dennoch kündigte der damalige Bundeskanzler im November 2020 einen Massentest für die gesamte Bevölkerung an. Anfang 2021 beschlossen Bundesregierung und Länder, ein niederschwelliges, bevölkerungsweites Testangebot einzurichten. Das ermöglichte, neben den Testangeboten der Länder, auch Tests im niedergelassenen ärztlichen Bereich, in Apotheken, Schulen und Betrieben.

Vielzahl an Testangeboten erhöhte Wahrscheinlichkeit für Parallelstrukturen

Es entstand eine Vielfalt, die es – ungeachtet des individuellen Nutzens – dem Gesundheitsministerium erschwerte, das Gesamtangebot zu steuern und abzustimmen. Dies zeigte sich zum Beispiel an den uneinheitlichen Datenmeldungen zum Testgeschehen. Die Vielzahl an Testangeboten erhöhte auch die Wahrscheinlichkeit von Parallelstrukturen und Mehrfach-Testungen, insbesondere in Ballungsräumen. Das Gesundheitsministerium verfügte über keine vollständigen und qualitätsgesicherten Daten zum Testgeschehen. Es verabsäumte, die Abrechnung der durchgeführten Tests an die lückenlose Erfassung von Testdaten zu knüpfen. Der Rechnungshof ermittelte für alle COVID-19-Tests insgesamt Kosten von mindestens 5,2 Milliarden Euro bis Ende 2022.

Der Rechnungshof empfiehlt – als „Lessons Learned“ für künftiges Pandemiemanagement – beim Testen den zielgerichteten, risikoorientierten Ansatz zu verfolgen. Bevölkerungsweite Tests sollen, zusätzlich zu diesem Ansatz, künftig nur mehr abhängig von der epidemiologischen Lage und unter Zugrundelegung von Kosten-Nutzen-Aspekten im Vergleich zu Surveillance-Programmen, wie beispielsweise dem Abwasser-Monitoring, angeboten werden. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die Länder die erforderlichen Daten nach einheitlichen Vorgaben melden und die Kosten mit der Anzahl der Tests verknüpft werden. So ließen sich die Zweckmäßigkeit bestimmter Testarten und die Wirkung des Testgeschehens beurteilen. Entscheidungen zur Pandemiebewältigung sollen vom Gesundheitsministerium getroffen werden und nicht von anderen Stellen.


Presseinformation: Bevölkerungsweite COVID-19-Tests


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Bericht: Bevölkerungsweite COVID-19-Tests

Der Rechnungshof überprüfte von Februar bis Juli 2022 beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie beim Land Niederösterreich und der Stadt Wien die COVID-19-Tests. Ziel der Gebarungsüberprüfung war es, die COVID-19-Tests als Maßnahme des Pandemiemanagements, die damit verfolgte Strategie, die Organisation der von den Ländern durchgeführten bevölkerungsweiten PCR-Tests, deren Abrechnung mit dem Gesundheitsministerium sowie die Anzahl der Tests und deren Kosten systematisch darzustellen. Der Fokus lag dabei auf der Beurteilung des Umfangs, der Organisation und Durchführung, der Kosten und der Verrechnung der bevölkerungsweiten Tests in den Jahren 2020 und 2021. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2020 und 2021 sowie – soweit Daten verfügbar waren – auch aktuellere Entwicklungen.

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