Flughafen Wien – Rechnungshof zeigt Schwachstellen auf

26.11.2021 – Verfassungsgerichtshof verneinte Prüfrecht des Rechnungshofes für die Flughafen Wien AG ab 1. Juni 2017

Der Rechnungshof veröffentlichte heute seine Berichte „Flughafen Wien – Instandhaltung“ sowie „Flughafen Wien – Umbau und Erweiterung Terminal 3“, wobei der Rechnungshof davon absieht, an die Flughafen Wien AG Empfehlungen zu richten. Stattdessen bietet er Ansatzpunkte, die Möglichkeiten zur Behebung von festgestellten Schwächen geben können.

Hintergrund: Der Verfassungsgerichtshof verneinte die Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes ab 1. Juni 2017 für die Flughafen Wien AG. Seit diesem Zeitpunkt hat der Rechnungshof nicht mehr die Möglichkeit, zu prüfen, ob das Unternehmen sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig handelt. Die heute veröffentlichten Berichte haben daher auch nur bedingte Aussagekraft. Denn: Zahlreiche Sachverhalte konnten weder geprüft noch beurteilt werden. Der Rechnungshof betont, dass kritische Infrastrukturen, wie ein Flughafen, im strategischen Interesse des Staates und der Allgemeinheit liegen. Einmal mehr spricht er sich für erweiterte Prüfrechte aus. Konkret will er Unternehmen ab einer 25-Prozent-Beteiligung der öffentlichen Hand prüfen.

Flughafen Wien AG verweigerte Prüfung

Mit der Argumentation, dass die öffentliche Hand die Flughafen Wien AG nicht „beherrscht“, verweigerte die Flughafen Wien AG die Prüfung durch den Rechnungshof. Daher ersuchte er den Verfassungsgerichtshof (VfGH) um Klarstellung. Denn: Der Rechnungshof hat die verfassungsrechtliche Aufgabe, die gesamte Staatswirtschaft zu prüfen und war der Ansicht, dass eine solche „Beherrschung“ durch die öffentliche Hand sehr wohl vorlag. Der VfGH kam unter anderem wegen der Zusammensetzung des Aufsichtsrates zu dem Schluss, dass die öffentliche Hand nur bis zum 31. Mai 2017 die Flughafen Wien AG tatsächlich beherrschte. Seine Entscheidung hat zur Folge, dass der Rechnungshof die Flughafen Wien AG für die Zeit nach dem 31. Mai 2017 nicht mehr prüfen darf.

Eindeutige Prüfzuständigkeit nötig

Kritische Infrastrukturen, wie ein Flughafen, liegen im strategischen Interesse des Staates sowie im öffentlichen Interesse. Der Rechnungshof tritt dafür ein, dass ihm eine eindeutige Prüfzuständigkeit für Unternehmen ab einem Anteil der öffentlichen Hand von 25 Prozent eingeräumt wird. In Bezug auf den aktuell vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung des Kontroll- und Transparenzpakets spricht sich der Rechnungshof außerdem dafür aus, zu überdenken, dass seine Prüfkompetenz nur für jene Unternehmen gelten soll, die nicht an der Börse notieren.  

Flughafen Wien – Instandhaltung: Schaden durch Unregelmäßigkeiten

Im überprüften Zeitraum (2012 bis Ende Mai 2017) kam es zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten bei der Vienna Airport Infrastruktur Maintenance GmbH. So wurde etwa Leihpersonal zu überhöhten Preisen beschäftigt. Zumindest ein Leiharbeitsunternehmen – es gehörte dem Sohn eines leitenden Angestellten – hatte Leistungen doppelt verrechnet. Weitere Malversationen entstanden durch Kupferdiebstahl, Einbehalten von Verkaufserlösen und weil ein ehemaliger Geschäftsführer sowie ein ehemaliger Prokurist Mitarbeitende und Leihpersonal während der Dienstzeit für Arbeiten in Privathäusern einsetzten. Die endgültige Schadenshöhe und die Höhe der Schadenswiedergutmachung standen bis zum Ende der Prüfung nicht fest. Die gerichtlichen Verfahren waren nicht abgeschlossen.

Der Rechnungshof regt zur Behebung dieser Schwachstelle an: Um ein compliance-konformes Verhalten der Führungskräfte zu sichern und damit deren Vorbildfunktion zu stärken, könnten verstärkt Sensibilisierungsmaßnahmen gesetzt werden und regelmäßige Schulungen erfolgen. Aufmerksam machen die Prüferinnen und Prüfer im Bericht „Flughafen Wien – Instandhaltung“ auch auf den niedrigen Frauenanteil: In den für die Instandhaltung zuständigen Organisationseinheiten sank dieser in den Jahren 2012 bis zum Mai 2017. Zuletzt lag er bei 3,1 Prozent; konzernweit bei 21 Prozent. 

Flughafen Wien – Umbau und Erweiterung Terminal 3

In seinem zweiten Bericht „Flughafen Wien – Umbau und Erweiterung Terminal 3“ überprüfte der Rechnungshof Umbauprojekte und die Erweiterung des Terminals 3, vormals „Skylink“. Prüfzeitraum war 2012 bis Ende Mai 2017 sowie beim zuständigen Verkehrsministerium darüber hinaus bis Mai 2020.

Für sein Projekt Süderweiterung Terminal 3 schätzte die Flughafen Wien AG die Gesamtkosten auf 301,70 Millionen Euro. Dabei wurden jedoch einige Positionen nicht berücksichtigt oder zu gering angesetzt. Nicht enthalten waren etwa die Kosten für die notwendigen Projekte zur Inbetriebnahme. Auch fehlte eine umfassende Abschätzung aller Kosten, die für den Betrieb der Süderweiterung Terminal 3 insgesamt anfallen.

Raumplanung: Bund und Land fehlt es an Interventionsmöglichkeiten

Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes sehen überdies Adaptionsbedarf in Bezug auf die Raumordnung. Auch die Flächen außerhalb des sicherheitskontrollierten Bereichs des Flughafens gehören der Flughafen Wien AG. Gemäß Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Schwechat sind sie als „Verkehrsfläche privat – Flughafen“ gewidmet. Neben der Kapazitätsplanung für die Luftfahrt hegte die Flughafen Wien AG auch Pläne zur „landseitigen“ Entwicklung. So waren etwa eine neue Ankunftshalle, Verkaufs- und Gastronomieflächen, ein Hotel oder Büros angedacht. Jedoch: Weder auf Bundes- noch auf Landesebene bestehen hoheitsrechtliche Interventionsmöglichkeiten, um auf die planmäßige und vorausschauende Gestaltung des Gebiets im Sinne der Raumplanung Einfluss zu nehmen. Dies wäre vor allem für Bauten, die nicht für den Luftverkehr erforderlich sind, relevant. Denn: Künftige „landseitige“ Verkaufsflächen könnten zum Beispiel raumplanerischen Erwägungen des Landes oder der Gemeinden entgegenstehen. So könnte es zu Kaufkraftabflüssen aus der Region kommen.

Der Rechnungshof empfiehlt daher dem Verkehrsministerium, gemeinsam mit den Ländern die Grundlagen für eine hoheitliche Raumplanung im Bereich von Flugplätzen unter Berücksichtigung des luftverkehrlichen Bedarfs zu erarbeiten. 


Presseinformation: Flughafen Wien

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96 Seiten

Bericht: Flughafen Wien – Instandhaltung

Der Rechnungshof überprüfte die Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH hinsichtlich der Instandhaltung. Ziele der Überprüfung waren die Darstellung bzw. Beurteilung der Organisation und Aufgaben, der Umsätze und Aufwendungen, der Auftragsabwicklung und Leistungsverrechnung sowie die Beurteilung von ausgewählten Auftragsvergaben und des Internen Kontrollsystems im Bereich der Instandhaltung.

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Umfang: 
146 Seiten

Bericht: Flughafen Wien – Umbau und Erweiterung Terminal 3

Der Rechnungshof überprüfte die Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft hinsichtlich des Umbaus und der Erweiterung des Terminals 3 des Flughafens Wien sowie das vormalige Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Der Rechnungshof holte weiters beim Land Niederösterreich Auskünfte zur Bau- und Raumordnungskompe­tenz ein. Ziele der Überprüfung waren die Darstellung wesentlicher Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen beim Terminal 3 seit dessen Inbetriebnahme im Jahr 2012 sowie die Darstellung und Beurteilung der Entscheidungsgrundlagen, der Projektor­ganisation, ausgewählter Auftragsvergaben und der Kosten von Umbauprojekten bzw. der Erweiterung des Terminals 3.

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