Gemeinnützige Bauvereinigungen: Mängel bei Aufsicht - Und: Risikokapitalbeteiligungen im Burgenland

Der Rechnungshof Österreich hat heute folgende Berichte vorgelegt:
- Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen
- Risikokapitalbeteiligungen des Landes Burgenland am Beispiel des BRB–Fonds
Wie der Bericht des Rechnungshofes Österreich zeigt, gibt es Optimierungsbedarf bei der Aufsicht der gemeinnützigen Bauvereinigungen.
Geprüft wurden die Länder Salzburg und Tirol sowie die Stadt Wien und das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Während das Ministerium für die Gesetzgebung zuständig ist, ist es die Aufgabe der Länder, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) zu vollziehen. Sie sind somit auch für die Aufsicht aller gemeinnützigen Bauvereinigungen zuständig. Prüfzeitraum waren die Jahre 2012 bis 2017.
Gemeinnützige Bauvereinigungen sind von der Körperschaftsteuer befreit. Diese indirekte Förderung mit öffentlichen Mitteln ist in ihrer gemeinwohlorientierten Aufgabenstellung begründet. 2016 erhielten die gemeinnützigen Bauvereinigungen in Salzburg, Tirol sowie in der Stadt Wien insgesamt über 100 Millionen Euro an dieser indirekten Förderung. Hinzu kamen Landesmittel aus der Wohnbauförderung und Liegenschaften der öffentlichen Hand zu günstigen Bedingungen.
Geringe Personalressourcen für die Aufsicht
Wenig Personal stellten dieLänder Salzburg, Tirol sowie die Stadt Wien für die Aufsicht der gemeinnützigen Bauvereinigungen bereit. So waren im Jahr 2016 in Salzburg, Tirol und Wien nur 0,4 bis 1,5 Vollzeitstellen für die Aufsichtstätigkeit besetzt. Durchschnittlich betreute eine Vollzeitkraft der Stadt Wien 35 gemeinnützige Bauvereinigungen mit einer Bilanzsumme von 10,944 Milliarden Euro. Es kam zu langen Verfahrensdauern bei Anträgen nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.
Defizite bei Compliance Berichten der Bauvereinigungen
Weiters bemängelt der Rechnungshof Österreich, dass die Compliance-Berichte der Bauvereinigungen wenig aussagekräftig waren und daher kaum zu größerer Transparenz beitrugen. Aus den Berichten entnahmen die Prüferinnen und Prüfer u.a. folgende compliance-relevante Fälle:
- Der Sohn und die Lebensgefährtin des Geschäftsführers einer gemeinnützigen Bauvereinigung kauften von dieser eine Wohnung in der Stadt Salzburg. Der Preis war im Bericht angegeben; weitere Informationen zur Preisangemessenheit - etwa die Größe der Wohnung – fehlten, ebenso wie die Angaben zum Vorliegen eines Wohnbedürfnisses.
- Bei einer gemeinnützigen Bauvereinigung mit Sitz im Land Tirol erbrachten ein Aufsichtsratsvorsitzender bzw. der Sohn eines Vorstandsmitglieds rechtsfreundliche Beratung an die gemeinnützige Bauvereinigung.
- Nahe Angehörige von Vorstandsmitgliedern mieteten Wohnungen einer gemeinnützigen Bauvereinigung in Wien. Die Tochter eines Geschäftsführers sowie ein Vorstandsmitglied und dessen Ehefrau kauften Wohnungen. Die Adressen und Lagen der Wohnungen waren ebenso wenig den Compliance-Berichten zu entnehmen wie deren Größe und Ausstattung oder die Bestätigung, dass ein Wohnbedarf vorhanden war.
Stadt Wien hat Aufsichtsrecht nicht ausreichend ausgeübt
Der Rechnungshof Österreich kritisiert, dass die Stadt Wien ihr Aufsichtsrecht nicht ausreichend ausübte, weil sie keine Sonderprüfung der medial bekannten Vorwürfe zum Wohnungserwerb eines Geschäftsführers einer gemeinnützigen Bauvereinigung veranlasste. Auch die Aufsichtstätigkeit des Landes Tirol kritisiert er: So nahm die Aufsichtsbehörde einen Sonderbericht des Revisionsverbandes über die Wohnungsvergabe an die Ehefrau des Geschäftsführers - der zugleich auch Landeshauptmann-Stellvertreter war - zur Kenntnis, obwohl Angaben nach objektiven Gesichtspunkten fehlten. Ob die Wohnung nach objektiven Kriterien vergeben wurde, blieb daher ungeklärt.
Keine einheitliche Vorgangsweise beim Verkauf von Anteilen gemeinnütziger Bauvereinigungen
Der Rechnungshof Österreich prüfte auch die Eigentümerwechsel der ehemaligen WBV-GÖD seit dem Jahr 2003. Er kritisiert, dass die Aufsichtsbehörde der Stadt Wien den Begriff des Angehörigen des Baugewerbes – ihnen ist ein beherrschender Einfluss auf gemeinnützige Bauvereinigungen untersagt - bei Verkäufen von Anteilen an der WBV–GÖD im Jahr 2003 und 2017 jeweils unterschiedlich auslegte. Eine sachliche Rechtfertigung dafür konnte der Rechnungshof Österreich nicht erkennen.
Es gab zudem kein einheitliches Verständnis darüber, ob der mittelbare (indirekte) Anteilserwerb an gemeinnützigen Bauvereinigungen von Ländern zu genehmigen war oder nur der unmittelbare. Der Rechnungshof Österreich sah dabei einen Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz. Das Bundesministerium war der Ansicht, dass das Land in beiden Fällen die Genehmigung zu erteilen hätte, um den Einfluss eines unerwünschten Gesellschafters zu verhindern. Diese Auffassung teilte auch der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband und entsprach beispielsweise der Praxis der Länder Burgenland, Niederösterreich sowie Oberösterreich.
Anders sah das die Stadt Wien. Aus ihrer Sicht war nur der unmittelbare Anteilserwerb von ihr zu genehmigen. Daher erfolgte auch der mehrfache Eigentümerwechsel der ehemaligen WBV-GÖD ohne Genehmigung der Stadt Wien. Einige mittelbare Eigentümer übten ihre Eigentumsrechte lediglich treuhändig aus, sodass der eigentliche Eigentümer nicht bekannt war.
Prüfrechte für den Rechnungshof Österreich bei gemeinnützigen Bauvereinigungen
Gemeinnützige Bauvereinigungen darf der Rechnungshof Österreich nur dann prüfen, wenn Anknüpfungspunkte wie die öffentliche Eigentümerschaft oder die Beherrschung durch Gebietskörperschaften gegeben sind. Der Rechnungshof Österreich hatte zur Zeit der Prüfung bei acht von insgesamt 76 gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Sitz in Salzburg, Tirol und Wien Prüfrechte.
Wie auch das heute vorgelegte Prüfungsergebnis zeigt, wären Prüfrechte für den Rechnungshof Österreich bei allen gemeinnützigen Bauvereinigungen im Sinne der parlamentarischen Kontrolle von Nutzen.
Presseinformation: Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen
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Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen
Risikokapitalbeteiligungen des Landes Burgenland
Ebenfalls heute vorgelegt wurde der Bericht über Risikokapitalbeteiligungen des Landes Burgenland am Beispiel der BRB Burgenländische Risikokapital Beteiligungen AG (BRB–Fonds). Dieser erhielt öffentliche Mittel des Landes Burgenland und aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Aufgrund des Eingehens von nicht EFRE-konformen Risikokapitalbeteiligungen kam es zu einer Rückforderung an EFRE-Mitteln in der Höhe von 1,54 Millionen Euro; zum Überprüfungszeitpunkt im Jahr 2018 war die Verantwortlichkeit für die Kostentragung noch nicht geklärt. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes Österreich kritisierten u.a. auch Aspekte der Vergütung für das Management, etwa zu hohe Auszahlungen an erfolgsabhängigen Sonderprämien für die Vorstände der Managementgesellschaft.
Zentrale Empfehlungen
- Das Land Burgenland und die Wirtschaft Burgenland GmbH sollten die Verantwortung und die entsprechende Kostentragung für die Rückforderung von EFRE–Mitteln in Höhe von 1,54 Mio. EUR und der anteiligen Landesmittel in Höhe von 0,51 Mio. EUR zeitnah klären, um damit den Regelungen der Überbindungsvereinbarung vom Dezember 2011 und der diesbezüglichen Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern zu entsprechen. In diesem Zusammenhang wies der RH darauf hin, dass der BRB–Fonds eine Maßnahme war, auf die das Beihilfenrecht der EU anzuwenden war.
- Die Wirtschaft Burgenland GmbH und der BRB–Fonds sollten die Regelungen in den unterschiedlichen für die Geschäftstätigkeit des BRB–Fonds maßgeblichen rechtlichen und vertraglichen Bestimmungen inhaltlich angleichen, um Interpretationsspielräume, die zu Rechtsunsicherheit führen können, zu verhindern. Dabei wären die in den Beteiligungsgrundsätzen festgelegten Vorgaben des Mehrheitseigentümers Land Burgenland zu berücksichtigen.
- Die BRM Burgenländische Risikokapital Management AG sollte ein auf der vorhandenen Risikoanalyse aufbauendes, umfassendes und standardisiertes Risikomanagement–System einführen, um die wesentlichen Risiken – wie beispielsweise das Marktrisiko, das Kreditrisiko, das Liquiditätsrisiko, das operationelle Risiko und das Reputationsrisiko–, denen die Portfoliounternehmen unterlagen bzw. unterliegen konnten, frühzeitig identifizieren, bewerten, steuern und überwachen zu können.
- Die Wirtschaft Burgenland GmbH und die BRM Burgenländische Risikokapital Management AG sollten im Hinblick auf die Ergebnisse der EFRE–Projektprüfung und die zwischenzeitliche Entwicklung des Portfolios des BRB–Fonds die Beurteilung der Zielvereinbarungen mit dem Vorstand der BRM evaluieren und eventuell eine Rückforderung von zu hohen oder zu Unrecht erfolgten Auszahlungen prüfen.
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