Gravierende Mängel und Missstände im HGM

23.10.2020 - Garnisonsstandort Zwölfaxing: Panzerersatzteile unbekannter Herkunft

Der heute vorgelegte Bericht „Heeresgeschichtliches Museum“ listet eine beachtliche Reihe an Problemen, Mängeln und Missständen beim Heeresgeschichtlichen Museum auf. Im Zuge der Prüfungshandlungen durch den Rechnungshof ergab sich der Verdacht möglicher strafrechtlich relevanter Tatbestände. Der Rechnungshof übermittelte daher bereits die relevanten Passagen seines Rohberichts an die zuständige Staatsanwaltschaft.

Der überprüfte Zeitraum umfasste vor allem die Jahre 2014 bis 2018, wobei in Einzelfällen auch die Jahre davor sowie das erste Halbjahr 2019 berücksichtigt wurden.

Der Rechnungshof empfiehlt: Organisationsform des Museums evaluieren

Das Heeresgeschichtliche Museum ist eine nachgeordnete Dienststelle des Verteidigungsministeriums. Der Museumsdirektor steht somit unter der Dienst- und Fachaufsicht des Ministeriums. Die Liste an Missständen im Heeresgeschichtlichen Museum ist lang: Neben dem Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften, etwa bei Auftragsvergaben und Baumaßnahmen, Missständen im Bereich Sammlungen gibt es weder ein Compliance Management System noch ein Compliance-Bewusstsein. Der Rechnungshof empfiehlt dem Heeresgeschichtlichen Museum in Abstimmung mit dem Ministerium, die Einführung eines Compliance Management Systems unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Museumsbetriebs. Dabei sollte die Etablierung einer Antikorruptionskultur auf allen Hierarchieebenen berücksichtigt werden.

Neben den zahlreichen und gravierenden Mängeln in der Führung des Heeresgeschichtlichen Museums kritisieren die Prüferinnen und Prüfer auch die unzureichende Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht durch das Ministerium. Der Rechnungshof empfiehlt dem Ministerium aufgrund der Vielzahl der festgestellten Mängel, die Eignung der Organisationsform des Heeresgeschichtlichen Museums als nachgeordnete Dienststelle zu evaluieren und mit anderen Organisationsformen von Bundesmuseen kritisch zu vergleichen.

Briefe von Egon Schiele nicht auffindbar

Eigenen Angaben zufolge verfügt das Heeresgeschichtliche Museum über schätzungsweise 1,2 Millionen Sammlungsobjekte. Der Rechnungshof kritisiert, dass das Museum keinen gesamthaften Überblick über seinen Sammlungsbestand hat, weil seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – und somit seit 75 Jahren – keine vollständige Aktualisierung des Inventars erfolgte. Das Heeresgeschichtliche Museum hat bis heute keine vollständige Kenntnis über die Verluste durch Kriegs- und Nachkriegseinwirkungen. Die Prüferinnen und Prüfer stellten außerdem fest, dass Teile des Sammlungsbestands, insbesondere drei Briefe von Egon Schiele, nicht auffindbar sind. Es handelt sich hierbei um eine Korrespondenz Schieles aus dem Frühjahr 1918 mit dem damaligen Museumsdirektor. Drei Sammlungsleiter wissen seit Anfang 2016 über das Fehlen der Briefe Bescheid, sie informierten die Direktion des Museums allerdings nicht.

Garnisonsstandort Zwölfaxing: Panzerersatzteile unbekannter Herkunft

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Bericht mehrere Missstände rund um die Depots des Heeresgeschichtlichen Museums am Garnisonsstandort Zwölfaxing. Besonders bedenklich: Die Prüferinnen und Prüfer stießen im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung auf mehrere Bunker – gefüllt mit Panzerersatzteilen unbekannter Herkunft. Laut Direktion des Museums habe man erst durch den Rechnungshof von diesem Bestand an Panzerersatzteilen erfahren. Das Heeresgeschichtliche Museum beantragte noch während der laufenden Prüfung beim Ministerium die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Bediensteten, der über die Schlüssel der Bunker verfügte – insbesondere wegen des Verdachts der „unbefugten Innehabung von Kriegsmaterial“. Der Rechnungshof empfiehlt dem Heeresgeschichtlichen Museum und dem Ministerium, die Gründe für die Missstände rund um die Depots am Garnisonsstandort Zwölfaxing zu analysieren und Maßnahmen zu ihrer zukünftigen Vermeidung zu setzen, gegebenenfalls auch unter Einleitung straf- und disziplinarrechtlicher Schritte.

Vereine im Umfeld des Museums: Risiko für Interessenkonflikte

Der Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums hatte zur Zeit der Prüfung mehrere Vorstandsfunktionen in Vereinen inne, die dem Museum nahestehen. Der Rechnungshof kritisiert, dass mehrere Vereine ohne Genehmigung des Ministeriums ihren Vereinssitz an der Adresse des Heeresgeschichtlichen Museums haben. In der engen personellen, räumlichen und organisatorischen Verflechtung liegt ein Risiko für Interessenkonflikte.


Presseinformation: Heeresgeschichtliches Museum


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138 Seiten

Bericht: Heeresgeschichtliches Museum

Der Rechnungshof überprüfte von August bis November 2019 das Heeresgeschichtliche Museum – Militärhistorisches Institut und das Bundesministerium für Landesverteidigung zum Thema „Heeresgeschichtliches Museum“. Prüfungsziele waren die Darstellung und Beurteilung des Compliance Management Systems, der finanziellen Gebarung und Mittelverwendung, des Personals und der Außenstellen, der Sammlungen, der Ausstellungen und Veranstaltungen sowie von Auftragsvergaben und Baumaßnahmen.

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