Versäumnisse bei Vergabe und Dokumentation ausgewählter Leistungen im Tourismus– bzw. Gesundheitsministerium

15.07.2022 – Der Rechnungshof nahm das Testprogramm „Sichere Gastfreundschaft“ und Direkt­vergaben von Beratungsleistungen unter die Lupe

Der Rechnungshof nahm das Testprogramm „Sichere Gastfreundschaft“ und Direkt­ vergaben von Beratungsleistungen unter die Lupe.

Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes sehen mangelhaft dokumentierte und durchgeführte Vergaben von Beratungsleistungen im Gesundheitsministerium. Weiters kritisieren sie die Konstruktion des Testprogramms „Sichere Gast­freundschaft“ des Tourismusministeriums. Das sind zwei der zentralen Erkennt­nisse der heute vorgelegten Prüfung ausgewählter zugekaufter Leistungen im Zusammenhang mit der COVID–19–Pandemie. Der Rechnungshof überprüfte den Zeitraum 2020 bis zum Ende des ersten Halbjahres 2021 und prüfte Leistungen des Tourismusministeriums im Umfang von 140 Millionen Euro und zugekaufte Beratungsleistungen des Gesundheitsministeriums in Höhe von 2 Millionen Euro.

Der Rechnungshof verkannte dabei nicht, dass aufgrund der dynamischen Entwick­lung der COVID–19–Pandemie – insbesondere zu deren Beginn im Frühjahr 2020 – das Tourismus– und das Gesundheitsministerium unter hohem Zeitdruck standen.

Presseinformation: Ausgewählte Leistungen im Zusammenhang mit COVID-19 im Tourismus- und Gesundheitsbereich

Auftragsvergabe statt Förderung für Testprogramm

Der Rechnungshof beurteilte das Ziel des COVID–19–Testprogramms im Tourismus als zweckmäßig, allerdings wäre rechtlich eine Auftragsvergabe anstatt einer Förderung zu bevorzugen gewesen. Diese hätte für den Bund mehrere Vorteile:

  • stärkere rechtliche Gestaltbarkeit und Durchsetzbarkeit
  • mehr Wettbewerb und damit angemessenere Preise
  • wirtschaftlichere Abwicklung
  • bessere Steuerung der regionalen Verfügbarkeit
    Spätestens ab Oktober 2020 hätten mit der Verlängerung der Dauer und Ausweitung des Testprogramms auf zusätzliche Fördergruppen kostensenkende Maßnahmen getroffen werden müssen. Dies hätte beispielsweise durch die Umstellung der Testmethodik oder durch die Ausschreibung der Leistungen erreicht werden können.


Bezogen auf das Testvolumen im April 2021 hätte eine frühere Senkung des maximalen Förderbetrags wöchentliche Einsparungen von rd. 1 Million Euro ermöglicht. Mittlerweile wurde das Testangebot „Sichere Gastfreundschaft“ mit 31. März 2022 eingestellt. 

Pauschales Sonderbudget für Österreich Werbung kritisch

Zudem prüfte der Rechnungshof die Ausstattung der Österreich Werbung durch das Tourismusministerium mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 40 Millionen Euro, dies bedeutete eine Aufstockung des regulären Mitgliedsbeitrages des Bundes (24,10 Millionen Euro) um 166 %. Der Betrag war für den Rechnungshof in der Höhe nicht nachvollziehbar – Bedarfsberechnungen lagen nicht vor. Finanzielle Sondermittel sollten aber nachvollziehbar am konkreten Bedarf orientiert und auf Grundlage konkreter Planungen bereitgestellt werden. Berichte über die Mittelverwendung an das Tourismusministerium waren nicht vorgesehen, die transparente Mittel­ verwendung war damit nicht ausreichend sichergestellt. Darüber hinaus empfahl der Rechnungshof strukturierte Informationen zur Wirkung der finanzierten Programme einzufordern. 

Gesundheitsministerium personell bedingt auf Pandemie vorbereitet

Der verstärkte Zukauf von Beratungsleistungen im Gesundheitsministerium ging aus Sicht des Rechnungshofes vor allem darauf zurück, dass das Gesundheitsministerium organisatorisch und personell nur bedingt auf die COVID–19–Pandemie vorbereitet war. Der Nutzen der zugekauften Leistungen des Gesundheitsministeriums war für den Rechnungshof in vielen Fällen aber nur bedingt nachvollziehbar: Sowohl die Leistungsabrufe als auch die erbrachten Leistungen sind mangelhaft dokumentiert. Das betrifft die Kooperationsvereinbarung mit dem Österreichischen Roten Kreuz ebenso wie verrechnete Leistungen der Gesundheit Österreich GmbH und teilweise rechtliche Beratungsleistungen.

Keine Preisauskünfte eingeholt

Insgesamt prüfte der Rechnungshof 14 Beratungsleistungen im Bereich des Gesund­heitsministeriums. Für keine dieser Leistungen gab es vor der Entscheidung über das Vergabeverfahren eine dokumentierte Schätzung des Auftragswertes. Vielmehr wurden in allen Fällen die Aufträge ohne Ausschreibung direkt vergeben. Auch ein Jahr nach Beginn der COVID–19–Pandemie wurden ausschließlich Direkt­ vergaben genutzt. Bei keinem der 14 überprüften Vergabeverfahren wurden die vor­ geschriebenen drei Preisauskünfte eingeholt. Darunter fiel auch die Kooperations­ vereinbarung mit dem Roten Kreuz.

Dokumentation zur Know–how–Sicherung

Zu den Tätigkeiten des Roten Kreuzes konnte dem Rechnungshof keine Leistungs­ dokumentation vorgelegt werden. Insbesondere in den Bereichen Contact–Tracing und Impfstrategie wäre es im Sinne der Know–how–Sicherung und im Hinblick auf die Weiterentwicklung von Strategien und Arbeitsergebnissen wesentlich, Leistungen vollumfänglich zu dokumentieren und nachvollziehen zu können. Der Rechnungshof stellte weiters kritisch fest, dass die Erarbeitungen des Roten Kreuzes in dessen Eigentum verblieben. Das Gesundheitsministerium erhielt nur eine zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Werknutzungsbewilligung. Aus Sicht des RH schränkte dies den Wissensgewinn für eine zweckmäßige Weiterarbeit in der Krise ein. Es stand auch einem zukünftigen effektiven Krisenmanagement entgegen.

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Bericht: Ausgewählte Leistungen im Zusammenhang mit COVID-19 im Tourismus- und Gesundheitsbereich

Der RH überprüfte von Mai bis Oktober 2021 ausgewählte Leistungen im Zusam­ menhang mit COVID–19–Maßnahmen im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Prüfungsziel war es, den Bedarf und Nutzen (Mehrwert) der zugekauften Leistungen für die Bereiche Tourismus und Gesundheit – insbeson­ dere im Hinblick auf intern vorhandene Kompetenzen und Ressourcen –, die Einhal­ tung der wesentlichen Vorschriften und die Transparenz der Prozesse zu beurteilen. Der überprüfte Zeitraum umfasste das Jahr 2020 sowie das erste Halbjahr 2021.

Bericht: Ausgewählte Leistungen im Zusammenhang mit COVID-19 im Tourismus- und Gesundheitsbereich Herunterladen