Rechnungshof veröffentlicht Bericht zu Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank
Der Rechnungshof prüfte die nicht-geldpolitischen Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) auf Verlangen von Abgeordneten des Nationalrates. Thema der umfassenden Prüfung waren unter anderem die hohen negativen Veranlagungsergebnisse des Jahres 2022 bei den Eigenveranlagungen. Auch das veranlagungsbezogene Risikomanagement war Gegenstand der Prüfung. Hier zeigt der Rechnungshof Verbesserungsbedarf auf. So hat die OeNB 2021 ein neues Veranlagungs- und Risikomanagementkonzept umgesetzt, obwohl die IT-Systemlandschaft dafür notwendige Anforderungen in mehreren Bereichen nicht erfüllte. Insgesamt ist eine grundlegende Überarbeitung des Veranlagungs- und Risikomanagementkonzepts erforderlich. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes kritisieren zudem, dass die OeNB erst spät auf die veränderten Marktbedingungen mit Steuerungsmaßnahmen reagierte. Geprüft wurden die Jahre 2019 bis 2023.
Keine Bilanzverluste trotz stark negativer Veranlagungsergebnisse im Jahr 2022
Im Jahr 2023 lag der Wert der Eigenveranlagungen der OeNB bei 24,294 Milliarden Euro, wobei sie 2022 stark negative Veranlagungsergebnisse in der Höhe von insgesamt 2,271 Milliarden Euro verzeichnet hatte. Diese stammen überwiegend aus der direkten Veranlagung in Staatsanleihen. Obwohl Staatsanleihen grundsätzlich als sicher galten, führten im Jahr 2022 hohe Inflationsraten und der Anstieg der Leitzinsen zu massiven Kursverlusten in dieser Veranlagungskategorie. Aber auch die Aktienmärkte verzeichneten im Jahr 2022 eine negative Entwicklung. Denn die Unternehmen waren mit den Auswirkungen verschiedener Krisen (COVID-19-Pandemie, russischer Angriffskrieg in der Ukraine) und mit einer Verteuerung ihrer Finanzierungen konfrontiert.
Trotz der negativen Veranlagungsergebnisse kam es zu keinen Bilanzverlusten der OeNB – unter anderem deshalb, weil vor allem für Verluste aus Staatsanleihen eine Risikorückstellung in Höhe von 1,934 Milliarden Euro aufgelöst wurde. Die Veranlagungsverluste aus Aktien blieben ebenfalls erfolgsneutral, weil die OeNB in Aktien nur über Fonds (indirekt) veranlagte und diese Verluste durch Reserven der Fonds abgedeckt wurden.
Steuerungsmaßnahmen gegen veränderte Marktbedingungen
Der Rechnungshof kritisiert, dass die OeNB erst im März 2023 Steuerungsmaßnahmen gegen die veränderten Marktbedingungen einleitete. Er hält fest, dass auch Mitglieder des Generalrates der OeNB die späte Einleitung von Maßnahmen kritisch sahen und Überprüfungen in kürzeren Abständen forderten, um aktuelle Entwicklungen berücksichtigen zu können.
Er empfiehlt der OeNB, bei Veränderung der Marktbedingungen, insbesondere wenn diese Auswirkungen auf die Risikodeckung haben, ehestmöglich eine Überprüfung des Veranlagungs- und Risikomanagementkonzepts und in der Folge Maßnahmen zur Veranlagungssteuerung einzuleiten, um die Einhaltung der Risikovorgaben jederzeit sicherstellen zu können.
Mängel im Veranlagungs- und Risikomanagementkonzept
Weiters kritisiert der Rechnungshof, dass die OeNB im Jänner 2024 ihre erst seit März 2023 geltende strategische Asset Allocation (SAA) grundlegend verändern musste, weil keine ausreichende Risikodeckung mehr vorlag. Dies führte zu einer massiven Reduktion des SAA-Volumens von 23,200 Milliarden Euro auf 12,500 Milliarden Euro. Unter SAA ist die angestrebte Aufteilung der veranlagten Mittel zu verstehen – im Fall der OeNB vor allem in Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Aktien.
Für den Rechnungshof war diese Reduktion des SAA-Volumens um 10,700 Milliarden Euro ein deutliches Anzeichen dafür, dass bei der Struktur der grundsätzlich mehrjährigen strategischen Asset Allocation und auch bei dem ihr zugrunde liegenden Veranlagungs- und Risikomanagement konzeptionelle Mängel vorlagen: zum Beispiel eine unzureichende Abstimmung von geplanter Veranlagungstätigkeit und anzuwendendem Risikomanagement und eine nicht angemessene Berücksichtigung von möglichen Veränderungen der Rahmenbedingungen – etwa der Entwicklung des Zinsniveaus.
Der Rechnungshof empfahl der OeNB, ihr Veranlagungs- und Risikomanagementkonzept grundlegend zu überarbeiten – unter Abstimmung der geplanten Veranlagungstätigkeit und des anzuwendenden Risikomanagementkonzepts.
Veranlagungs- und Risikomanagementkonzept ohne geeignetes IT-System
Der Rechnungshof kritisiert, dass die OeNB ein neues Veranlagungs- und Risikomanagementkonzept im Jahr 2021 umsetzte, obwohl ihre IT-Systemlandschaft die dafür notwendigen Anforderungen in mehreren Bereichen nicht erfüllte. Somit lag keine geeignete technische Infrastruktur vor, um die Veranlagungen entsprechend diesem Konzept gesamthaft abbilden und steuern zu können. Dadurch setzte sich die OeNB operationellen Risiken (Gefahr von Verlusten wegen Unangemessenheit/Versagen interner Prozesse, von Systemen oder Menschen) aus beziehungsweise akzeptierte diese bewusst.
Der voraussichtliche Abschluss des Treasury Implementierungsprojekts (TRIP) verzögerte sich um rund zweieinhalb Jahre auf Ende 2026. Die unzutreffenden Annahmen der OeNB bezüglich der technischen Umsetzbarkeit ihrer ursprünglichen Anforderungen und des Abschlusses des Projekts TRIP zeigen, wie wichtig es ist, grundlegende Reformen beziehungsweise Änderungen erst dann umzusetzen, wenn auch die nötigen Voraussetzungen erfüllt sind.
In diesem Zusammenhang weist der Rechnungshof darauf hin, dass die OeNB auskunftsgemäß nicht dazu in der Lage war, bei ihren Masterfonds das Veranlagungsergebnis auf die einzelnen Veranlagungskategorien (zum Beispiel Staatsanleihen und Aktien) betragsmäßig aufzuteilen. Die technische Infrastruktur wäre entsprechend anzupassen.
Presseinformation: Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank (pdf)
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- 246 Seiten
Bericht: Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank
Der RH überprüfte auf Verlangen von Abgeordneten des Nationalrates gemäß § 99 Abs. 2 in Verbindung mit § 26 Geschäftsordnungsgesetz 19751 die Gebarung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich der Veranlagungen der OeNB.
Prüfungsziel war es, insbesondere die Grundlagen und Rahmenbedingungen der Veranlagungen der OeNB, das jeweils angewandte Veranlagungskonzept, die Veranlagungssegmente der Eigenveranlagungen und der „zusätzlichen“ Veranlagungen, das Veranlagungsergebnis des Jahres 2022, die Grundlagen und die Durchführung des veranlagungsbezogenen Risikomanagements sowie die Wahrnehmung der Eigentümer- und Aufsichtsrechte des Bundesministeriums für Finanzen darzustellen und soweit möglich zu beurteilen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2023.