Positive Entwicklungen beim barrierefreien Arbeiten und Studieren an Universitäten

Der Rechnungshof stellt in seinem heute veröffentlichten Bericht „Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten; Follow-up-Überprüfung“ Verbesserungen in diesem Bereich fest. Er prüfte ausgewählte Empfehlungen des 2022 veröffentlichten Berichts „Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten“. So zeigte sich, dass das Wissenschaftsministerium gegenüber den Universitäten auf eine bessere Erfüllung der Beschäftigungspflicht hinwirkte. Damit erhöhte sich die Anzahl der besetzten Pflichtstellen für Menschen mit Behinderung an öffentlichen Universitäten. Verbesserungsbedarf gibt es jedoch bei der internen Arbeitsrichtlinie zur Gewährung der abweichenden Prüfungsmethode für Studierende mit Behinderung an der BOKU Wien. Die TU Graz hat dafür detaillierte organisatorische Abläufe in Prozessbeschreibungen vorgesehen. Die Follow-up-Überprüfung umfasst im Wesentlichen die Jahre 2021 bis 2023 beziehungsweise die Studienjahre 2021/22 bis 2023/24.
Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllen des Behinderteneinstellungsgesetzes
Für Universitäten gilt das Behinderteneinstellungsgesetz, wonach je 25 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer mindestens eine begünstigte Person mit Behinderung einzustellen ist – ansonsten sind Ausgleichszahlungen zu entrichten. Im Jahr 2020 hatten Universitäten 5,33 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen zu leisten.
Auf Empfehlung des Rechnungshofes wirkte das Wissenschaftsministerium ab Herbst 2022 gegenüber den Universitäten darauf hin, Maßnahmen zu setzen, um die Behinderteneinstellungspflicht besser zu erfüllen. Die besetzten Pflichtstellen stiegen von 2020 auf 2023 zum Stichtag 1. Dezember um 15 Prozent. In den Jahren 2020 bis 2023 erhöhten sich die Ausgleichszahlungen auf 6,25 Millionen Euro – unter anderem aufgrund von Indexanpassungen.
Über das Jahr 2023 betrachtet, erfüllte in Österreich keine öffentliche Universität die Beschäftigungspflicht zur Gänze. Dazu bedarf es längerfristiger und größerer struktureller Änderungen in den Personalpolitiken der einzelnen Universitäten.
Maßnahmen zur besseren Erfüllung der Beschäftigungspflicht
Ausgehend von den Empfehlungen des Rechnungshofes erarbeiteten die BOKU Wien und die TU Graz ein Arbeitsprogramm beziehungsweise eine Strategie zur besseren Erfüllung der Beschäftigungspflicht. Die TU Graz hatte dabei ein ambitionierteres und umfassenderes Maßnahmenpaket zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet. Für dessen Koordination und Umsetzung richtete sie eine eigene Servicestelle ein. In einem ersten Schritt setzte sie dabei auf die Erhöhung der Meldungen des Behindertenstatus bei bereits bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die BOKU Wien konzentrierte sich primär auf Neuaufnahmen von begünstigten Personen mit Behinderung – insbesondere durch spezielle Stellenausschreibungen für das Gebäudemanagement.
Anträge auf abweichende Prüfungsmethode
Das Universitätsgesetz sieht ein Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode für Menschen mit Behinderung vor. Das wäre zum Beispiel eine Prüfungszeit-verlängerung. Sowohl an der BOKU Wien als auch an der TU Graz ist dieses Recht in den Satzungen verankert. Die Abwicklung lag grundsätzlich bei den jeweiligen Unterstützungsstellen. Der Rechnungshof empfahl im 2022 veröffentlichten Bericht, interne Arbeitsrichtlinien zur Gewährung einer abweichenden Prüfungsmethode zu erstellen. Die TU Graz setzte diese Empfehlung um.
Die BOKU Wien hatte zur Zeit der Follow-up-Überprüfung keine interne Arbeitsrichtlinie zur Gewährung einer abweichenden Prüfungsmethode. Die BOKU Wien teilte in ihrer Stellungnahme mit, dass sie mittlerweile eine entsprechende Richtlinie am 30. Mai 2025 im Mitteilungsblatt der Universität veröffentlicht habe.
Der Rechnungshof sah darin allerdings wesentliche Informationen nicht näher erläutert, beispielsweise eine Zuordnung der Art der abweichenden Prüfungs-methode zu den konkreten Formen der Funktionsbeeinträchtigung. Aufgrund der offenen Vorgaben könnten Prüferinnen und Prüfer unterschiedliche Entscheidungen treffen.
Löschung diagnostischer medizinischer Informationen
Beide Universitäten hatten für die Gewährung der abweichenden Prüfungsmethode diagnostische medizinische Informationen – wie Krankengeschichten – von den Studierenden entgegengenommen und aufbewahrt. Im Sinne der Datenminimierung gemäß Datenschutz-Grundverordnung empfahl der Rechnungshof 2022, derartige Informationen zu vernichten und auf fachärztliche Bestätigungen einer Funktionsbeeinträchtigung – ohne medizinische Diagnose – zu bestehen. Die TU Graz setzte die Empfehlung um.
Trotz einer auf ihrer Website veröffentlichten Vorlage für fachärztliche Bestätigungen nahm die BOKU Wien weiterhin auch anders geartete Nachweise, darunter auch medizinische Diagnosen, entgegen und legte diese zur Dokumentation ab. Die BOKU Wien setzte daher die Empfehlung nicht um.
Großteil der überprüften Empfehlungen umgesetzt
Das Wissenschaftsministerium setzte alle vier überprüften Empfehlungen um. Die BOKU Wien setzte von fünf überprüften Empfehlungen zwei um, eine teilweise und zwei nicht. Die TU Graz setzte alle acht überprüften Empfehlungen um.
Presseinformation: Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten; Follow-up-Überprüfung
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- Umfang:
- 72 Seiten
Bericht: Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten; Follow-up-Überprüfung
Der Rechnungshof überprüfte von November 2024 bis Jänner 2025 beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, bei der Universität für Bodenkultur Wien und bei der Technischen Universität Graz die Umsetzung ausgewählter Empfehlungen, die er bei der vorangegangenen Gebarungsüberprüfung zum Thema „Barrierefreies Arbeiten und Studieren an Universitäten“ abgegeben hatte.
Mit 1. April 2025 wechselte die Zuständigkeit für Universitäten zum Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung. Der Rechnungshof richtet seine Empfehlungen daher an das nunmehr zuständige Bundesministerium.