Hard und Lauterach: Rechnungshof pocht auf dringende Maßnahmen zur Schuldeneindämmung
Welche Schritte Gemeinden in Österreich zur Konsolidierung ihrer Finanzen setzen können, überprüfte der Rechnungshof am Beispiel der zwei Vorarlberger Marktgemeinden Hard und Lauterach. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Konsolidierungsmaßnahmen der Marktgemeinden Hard und Lauterach“ stellt er fest, dass beide Gemeinden zwar vereinzelte Maßnahmen setzten, um Ausgaben zu reduzieren und Einnahmen zu erhöhen. Ein Konzept und konkrete Ziele für die Konsolidierung hatten sie allerdings nicht. Zu den vom Rechnungshof ermittelten Erfolgsfaktoren zählen neben einer Gesamtstrategie unter anderem: finanzielle Konsolidierung, strukturelle Veränderungen, konsequente Umsetzung sowie Transparenz und Kommunikation über den Konsolidierungsprozess. Der überprüfte Zeitraum war 2020 bis 2023.
Weiters veröffentlichte der Rechnungshof den Bericht „Interkommunale Betriebsansiedlungsgebiete im Bezirk Schärding“. Darin zeigt er auf, dass die Gemeindeverbände ihre Ziele nur teilweise erreichen konnten. Der überprüfte Zeitraum war 2018 bis 2023.
Überdurchschnittlich hohes Schuldenniveau der Gemeinden Hard und Lauterach
Die Marktgemeinden Hard und Lauterach hatten im Jahr 2023 – im Vergleich aller Gemeinden Österreichs mit 10.000 bis 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern – überdurchschnittlich hohe Schulden. 44,71 Millionen Euro Gesamtschulden hatte Hard im Jahr 2023, Lauterach hatte 35,06 Millionen Euro. Die Schulden österreichischer Gemeinden der gleichen Größe betrugen im Mittel 30,84 Millionen Euro. Im Zeitraum 2010 bis 2023 stiegen die Gesamtschulden in den überprüften Gemeinden überdurchschnittlich stark. Der Rechnungshof sieht daher bei beiden Gemeinden Konsolidierungsbedarf.
Gemeinden sollen Konzept für Konsolidierung des Haushalts erstellen
Der Rechnungshof zeigt in seinem Bericht allgemein die Erfolgsfaktoren für die Konsolidierung in Gemeinden auf: Selbstverpflichtung, Gesamtstrategie, finanzielle Konsolidierung, strukturelle Veränderungen, konsequente Umsetzung sowie Transparenz und Kommunikation über den Konsolidierungsprozess. Weder Hard noch Lauterach hatte ein Konzept für die Konsolidierung des Haushalts oder mittel- und langfristige Konsolidierungsziele festgelegt. Damit waren der Rahmen und die Maßstäbe der Konsolidierung nicht vorab definiert und es konnte nicht überwacht werden, ob sie umgesetzt wurden. Auch eine finanzielle Gesamtstrategie, in der die Konsolidierung des Gemeindehaushalts integriert war, konnten die Marktgemeinden nicht vorweisen. Ihnen empfiehlt der Rechnungshof daher, ein Haushaltskonsolidierungskonzept zu erstellen.
Zeitnah Maßnahmen zur Schuldeneindämmung setzen
Der Finanzierungsbedarf ergibt sich aus hoher Investitionstätigkeit, etwa im Bereich Schulen und Kinderbetreuung, Tilgungsleistungen für Finanzschulden und im Vergleich dazu geringen Überschüssen. Der ungedeckte Finanzierungsbedarf laut mittelfristiger Planung betrug für den Zeitraum 2024 bis 2029 in Hard 44,32 Millionen Euro, in Lauterach 13,18 Millionen Euro. Um diesen Bedarf zu decken, hatten die Marktgemeinden folgende Möglichkeiten: Einsparungen, Einnahmensteigerungen, Veräußerungen oder zusätzliche Darlehen. Unter der Annahme, dass der ungedeckte Finanzierungsbedarf ausschließlich durch zusätzliche Darlehen gedeckt wird, geht der Rechnungshof von einem Anstieg der Finanzschulden bis 2029 aus. Er empfiehlt daher, zeitnah Maßnahmen zu ergreifen, um die Neuverschuldung einzudämmen; die mittelfristige Finanzplanung soll aussagekräftig gestaltet werden.
Weitere Maßnahmen notwendig, um Kosten zu senken
Hard setzte verschiedene Maßnahmen, um die operativen Ausgaben zu senken. Das sind beispielsweise Energiesparmaßnahmen, reduzierte Personalkosten, indem etwa Stellen nach Pensionierungen nicht nachbesetzt wurden, Senkung von Sachkosten oder Tarifänderungen für Telekommunikation. Sie waren jedoch nicht aus einem Gesamtkonzept abgeleitet und abgestimmt. Eine strategische Ausrichtung der Konsolidierungsmaßnahmen fehlte. Lauterach setzte nur wenige vereinzelte Maßnahmen zur Senkung der Ausgaben. Beide Marktgemeinden versuchten, neue Einnahmequellen zu lukrieren. Hard führte beispielsweise eine Zweitwohnungsabgabe ein, Lauterach setzte Maßnahmen im Bereich der Parkraumbewirtschaftung. Es sollen weitere Maßnahmen gezielt geprüft und umgesetzt werden, um strukturelle Einsparungen erreichen zu können.
Interkommunale Betriebsansiedlungsgebiete im Bezirk Schärding: Verbandsziele teilweise erreicht
Die Interkommunale Betriebsansiedlung Bezirk Schärding (INKOBA Schärding) und der Regionale Wirtschaftsverband Schärding (Regionalverband Schärding) sind Gemeindeverbände auf Basis von Vereinbarungen. Ihr Zweck ist, die regionale Wirtschaftsstruktur im oberösterreichischen Bezirk Schärding zu sichern – durch gemeinsame Betriebsansiedlungsgebiete.
Unterschiede in Gründungsbeschlüssen
Im Jahr 2003 gründeten sechs Gemeinden den Regionalverband Schärding. Die INKOBA Schärding wurde 2015 von 20 Gemeinden gebildet. Bei der Entstehung beider Gemeindeverbände stimmten die zugrunde liegenden Beschlüsse der Mitgliedsgemeinden nicht überein.
Unterschiedliche Zugänge für Betriebsansiedlungsgebiete
Für ihre Betriebsansiedlungsgebiete wählten die beiden Gemeindeverbände unterschiedliche Zugänge – hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse und einer potenziellen Erweiterung: Die INKOBA Schärding führte im Unterschied zum Regionalverband Schärding keine gemeinsame Sicherung von Betriebsstandorten durch. So konnte sie den Verkauf von Grundstücken in einem Betriebsansiedlungsgebiet und die Auswahl der sich dort ansiedelnden Betriebe nicht beeinflussen.
Beide Gemeindeverbände erließen entgegen ihren Satzungen keine Richtlinien über die Ansiedlung von Betrieben durch die Verbandsversammlung. Auch daher kann nicht gesteuert werden, welche Art von Betrieben sich ansiedeln.
Verbandsziele zum Teil erreicht
Deshalb erachtet der Rechnungshof zwei Verbandsziele als nicht erreicht: die Relativierung der Standortkonkurrenz zwischen Gemeinden und die Abstimmung von Schwerpunkten für einzelne Standorte in einer Region. Es wurden jedoch auch neue Arbeitsplätze geschaffen: So siedelten sich etwa acht Betriebe mit geschätzt 55 Beschäftigten in Laufenbach und fünf Betriebe mit zirka 178 Beschäftigten in St. Florian am Inn an. Weiters wurden gemeinsam Betriebsstandorte entwickelt und erschlossen. Die Standorte wurden aber nur teilweise gemeinsam professionell vermarktet.
Fehlerhafte Verbuchungen und verspätete Beschlüsse
Sowohl bei der INKOBA Schärding als auch beim Regionalverband Schärding stellte der Rechnungshof Mängel in der Buchhaltung fest. Weiters beschlossen beide Verbände sowohl Voranschläge als auch Rechnungsabschlüsse zu spät. Auch dies erschwert die Transparenz sowie die Planungssicherheit.
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- 2,733.5 KB
- Umfang:
- 84 Seiten
Bericht: Konsolidierungsmaßnahmen der Marktgemeinden Hard und Lauterach
Der Rechnungshof überprüfte von Juli bis November 2024 die Konsolidierungsmaßnahmen der Vorarlberger Marktgemeinden Hard und Lauterach. Ziele der Prüfung waren, die finanzielle Situation der beiden Marktgemeinden unter Einbeziehung der Finanzströme von und an Beteiligungen darzustellen, die Entwicklung der Verbindlichkeiten und Haftungen zu analysieren sowie die Konsolidierungsmaßnahmen zu beurteilen. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2020 bis 2023; insbesondere zur Darstellung langfristiger Entwicklungen erhob der Rechnungshof Sachverhalte auch ab 2010.
- pdf Datei:
- 3,186.9 KB
- Umfang:
- 82 Seiten
Bericht: Interkommunale Betriebsansiedlungsgebiete im Bezirk Schärding
Der Rechnungshof überprüfte von Mai bis Oktober 2024 zwei im Bezirk Schärding angesiedelte interkommunale Betriebsansiedlungsgebiete: das Betriebsansiedlungsgebiet Laufenbach und das Betriebsansiedlungsgebiet St. Florian am Inn. Überprüfte Stellen waren der Gemeindeverband Interkommunale Betriebsansiedlung Bezirk Schärding (in der Folge: INKOBA Schärding), der Gemeindeverband Regionaler Wirtschaftsverband Schärding (in der Folge: Regionalverband Schärding) und die Business Upper Austria – OÖ Wirtschaftsagentur GmbH (in der Folge: OÖ Wirtschaftsagentur). Ziel der Gebarungsüberprüfung war, die Rechtsgrundlagen, Aufgaben und Verwaltung der beiden Gemeindeverbände, deren wirtschaftliche Lage, die Entwicklung ihrer Betriebsansiedlungsgebiete sowie die Standortentwicklung und interkommunale Kooperation aus übergeordneter Sicht darzustellen bzw. zu beurteilen. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2023.