Intransparente Kaufpreisberechnung bei Mietkaufwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen in der Steiermark

30. Mai 2025 – Rechnungshof empfiehlt Verpflichtung zu nachvollziehbarer Berechnungsmethode

Blick über Graz - Copyright: Foto: iStock/Oleh_Slobodeniuk

Der Rechnungshof prüfte die Kontrolle der Wohnbauförderung des Landes Steiermark sowie die Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen. Anlass dafür war ein Verlangen von Abgeordneten des Landtags Steiermark. Dem zugrunde lagen Medienberichte, wonach die Steiermärkische Landesregierung ihrer Aufsichtspflicht nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz beim Wohnbauprojekt Messequartier Graz (Messequartier) nicht nachgekommen sei. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Gemeinnützige Bauvereinigungen im Land Steiermark – Kontrolle der Wohnbauförderung und Aufsicht“ kritisiert der Rechnungshof die intransparente und unkonkrete Kaufpreisberechnungsmethode „Steirisches Modell“. Positiv hob er jedoch hervor, dass die Steiermärkische Landesregierung Verfahren nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zügig abwickelte. Außerdem bot das bei der Aufsicht eingerichtete Beschwerdemanagement niederschwellig Hilfe. Der überprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2019 bis 2023.

Handlungsbedarf nach Wegfall des Steirischen Modells

Die als Steirisches Modell bezeichnete Berechnungsmethode bei Mietwohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Kaufoption hatte zum Ziel, die Kaufpreisbildung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Weiters sollten damit Rechtsstreitigkeiten zwischen gemeinnützigen Bauvereinigungen und Mieterinnen und Mietern vermieden werden. Das Steirische Modell war nicht verpflichtend anzuwenden – somit fehlte nach Ansicht des Rechnungshofes eine Grundlage für die Steiermärkische Landesregierung, es zu kontrollieren. Das Land setzte sich nicht näher mit der konkreten Berechnung des Kaufpreises laut diesem Modell auseinander. Im Jahr 2016 teilten die gemeinnützigen Bauvereinigungen dem Land mit, das Modell nicht mehr anzuwenden.

Für betroffene Mieterinnen und Mieter war nun unklar, wie der Kaufpreis ihrer Wohnungen bemessen wurde. Sie ließen die Kaufpreishöhen folglich über den Gerichtsweg feststellen. Dadurch wurde im Einzelfall beurteilt, ob eine gemeinnützige Bauvereinigung bei Mietvertragsabschluss zu erkennen gab, die Berechnungsmethode des Steirischen Modells angewandt zu haben. Am Beispiel eines Angebots der gemeinnützigen Bauvereinigung zeigte sich jedoch, dass dieses – trotz Abgehens vom Steirischen Modell – leistbares Wohnen berücksichtige. So lag das Angebot bei einem Kaufobjekt bei 2.784 Euro je Quadratmeter Nutzfläche, der Verkehrswert bei 4.446 Euro je Quadratmeter Nutzfläche.

Im Sinne der Transparenz empfiehlt der Rechnungshof dem Land Steiermark daher, geförderte gemeinnützige Bauvereinigungen zu verpflichten, eine nachvollziehbare Berechnungsmethode zur Kaufpreisermittlung bereits bei Abschluss des Mietvertrags für eine geförderte Mietwohnung mit Kaufoption zu vereinbaren.

Zinsbemessung zu komplex für Mieterinnen und Mieter ohne Finanzmarktwissen

Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes erachten die Regelungen der Mietzinsbemessung des Steiermärkischen Wohnbauförderungsrechts als komplex und für Mieterinnen und Mieter intransparent. Ausgehend von den Finanzierungskonditionen für Darlehen waren sowohl bundes- als auch landesrechtliche Vorgaben für die Mietzinsbemessung entscheidend. Für Mieterinnen und Mieter wäre Finanzmarktwissen notwendig, um die Auswirkung von Zinsentwicklungen bei Darlehen auf ihre Miete zu verstehen.

Aus Sicht des Rechnungshofes sollten Mieterinnen und Mieter zumindest soweit Informationen erhalten, dass sie nachvollziehbar beurteilen können: ob eine gemeinnützige Bauvereinigung den Mietzins richtig berechnete, welche Folgen ein veränderliches Zinsniveau für sie hat und ob sie im Fall einer variablen Verzinsung das Risiko steigender Mieten in Kauf nehmen möchten. Fehlverrechnungen durch ein Kreditinstitut beim Messequartier Graz sieht der Rechnungshof als weiteres Indiz für die Intransparenz und Komplexität des zugrunde liegenden Regelwerks.

Hierbei verweist er kritisch auf einen ihm vorliegenden Mietvertrag, der zwar auf eine mögliche Schwankung des Mietentgelts hinwies, jedoch offen ließ, wie der zugrunde liegende Darlehensvertrag ausgestaltet war. So war die Auswirkung des Darlehensvertrags auf die Miethöhe für Mieterinnen und Mieter nicht beurteilbar.

Der Rechnungshof empfiehlt daher, geförderte gemeinnützige Bauvereinigungen dazu zu verpflichten, allen zukünftigen Mieterinnen und Mietern von gefördertem Wohnraum umfassende, nachvollziehbare und transparente Informationen über
die Mietzinsbemessung und die damit verbundenen Risiken bereitzustellen. Auch sollte das Land einen Kontrollschwerpunkt in der Mietzinsbemessung bei geförderten gemeinnützigen Bauvereinigungen setzen.

Presseinformation: Gemeinnützige Bauvereinigungen im Land Steiermark – Kontrolle der Wohnbauförderung und Aufsicht

pdf Datei: 
2,624.9 KB
Umfang: 
82 Seiten

Bericht: Gemeinnützige Bauvereinigungen im Land Steiermark – Kontrolle der Wohnbauförderung und Aufsicht

Der Rechnungshof überprüfte von Dezember 2023 bis Juli 2024 beim Land Steiermark ausgewählte Aspekte der Kontrolle der Wohnbauförderung für gemeinnützige Bauvereinigungen und Aspekte der Aufsicht über diese. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2019 bis 2023.
Ziel der Gebarungsüberprüfung war eine Überprüfung der wirtschaftlichen, zweckmäßigen und ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung des Landes Steiermark bei

• Kontrollen zur Sicherstellung der widmungsgemäßen Verwendung von Förderungen an gemeinnützige Bauvereinigungen nach dem Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993 und
• der Aufsicht im Rahmen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes des Bundes.

Die Gebarungsüberprüfung erfolgte aufgrund eines Verlangens von Abgeordneten des Landtags Steiermark.

Bericht: Gemeinnützige Bauvereinigungen im Land Steiermark – Kontrolle der Wohnbauförderung und Aufsicht Herunterladen