Gemeindeverbände sollen regelmäßig von ihrer Aufsicht geprüft werden

06. Juni 2025 - Rechnungshof prüfte in den Ländern Niederösterreich und Tirol

Checkliste - Copyright: Foto: iStock/Pakin Jarerndee

Gemeindeverbände sind Zusammenschlüsse von Gemeinden. Das Ziel der Zusammenschlüsse: Aufgaben gemeinsam und möglichst effizient wahrnehmen, etwa in der Wasserwirtschaft oder der Schulerhaltung. Der Rechnungshof prüfte die „Aufsicht über Gemeindeverbände in Niederösterreich und Tirol“. Er stellt in seinem heute veröffentlichten Bericht fest: Die einheitliche Beurteilung von Sachverhalten und eine standardisierte Dokumentation der Prüfungshandlungen waren erschwert, weil die Aufsichtsbehörden nur in Teilbereichen über Kriterienkataloge oder Checklisten verfügten. Zudem wurden nicht alle Verbandstypen regelmäßig überprüft. Ab dem Finanzjahr 2020 müssen die Gemeindeverbände eine doppelte Buchhaltung führen, der veröffentlichte Rechnungsabschluss muss eine Finanzierungs-, eine Ergebnis- und eine Vermögensrechnung enthalten. Der überprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2020 bis 2023.

In Niederösterreich gab es zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung 631 Gemeinde­verbände, in Tirol 289. Es wird zwischen freiwilligen Gemeindeverbänden und Pflichtverbänden unterschieden. Die freiwilligen Verbände bilden sich durch Vereinbarungen zwischen Gemeinden, die Pflichtverbände durch Verordnungen oder Gesetze. Zuständig für die Aufsicht über die Gemeindeverbände ist die Landeshauptfrau beziehungsweise der Landeshauptmann (in mittelbarer Bundesverwaltung) oder die Landesregierung; die Aufsichtstätigkeit nehmen vor allem die Gemeindeabteilungen der Ämter der Landesregierung wahr. Sie prüfen rechtliche und finanzielle Genehmigungen und führen Aufsichtsprüfungen durch.

Strategie zur Auswahl der Prüfobjekte wäre festzulegen

Der Rechnungshof empfiehlt den beiden Ländern, eine Strategie festzulegen, um Prüfobjekte risikobasiert auszuwählen. Für rechtliche und finanzielle Genehmigungen empfiehlt er, Kriterienkataloge oder Checklisten zu erstellen. Denn die Prüfung des Rechnungshofes ergab, dass die Länder keine Vorgehensweise festgelegt hatten, nach der sie die Gemeindeverbände für Aufsichtsprüfungen auswählten. Sie überprüften auch nicht alle Gemeindeverbandstypen – Schulgemeindeverbände, Abfallverbände, Standesamtsverbände und andere – regelmäßig. So fanden in Niederösterreich seit 2018 keine Aufsichtsprüfungen von Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbänden statt und in Tirol prüfte die Gemeindeabteilung zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung ausschließlich freiwillige Gemeindeverbände. Die Empfehlung an die Länder lautet daher, sämtliche Gemeindeverbandstypen regelmäßig einer Überprüfung zu unterziehen. Der Rechnungshof beurteilt positiv, dass die Gemeindeabteilung in Tirol über umfassende und detaillierte Prüfpläne für die Jahre 2020 bis 2023 verfügte.

Unterschiede der Länder bei Aufsicht über Rechnungsabschlüsse der Verbände

Seit dem Finanzjahr 2020 müssen die Rechnungsabschlüsse der Gemeindeverbände den Vorgaben der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV 2015) entsprechen. Anders als in Tirol bestand in Niederösterreich eine Ausnahme dazu: Kleine Gemeindeverbände bis zu einem Schwellenwert von 700.000 Euro mussten nur einen Finanzierungshaushalt vorlegen und nicht, wie vorgesehen, eine Finanzierungs-, eine Ergebnis- und eine Vermögensrechnung. Der Rechnungshof empfiehlt dem Land Niederösterreich, Gemeindeverbände über die Anwendung des Schwellenwerts schriftlich zu informieren, um keine Rechtsunsicherheiten für kleine Gemeindeverbände entstehen zu lassen. Tirol entwickelte für die Meldung der Haushaltsdaten der Gemeinden und Gemeindeverbände ein eigenes Datenportal, die „Gemeindeanwendung“. Dennoch traten fallweise Fehler auf und es war beispielsweise möglich, fehlerhafte Datensätze hochzuladen. Hier empfiehlt der Rechnungshof dem Land Tirol, die Checks dazu effektiver zu gestalten.

Zur Einordnung: Von den 631 Gemeindeverbänden in Niederösterreich zählten etwas mehr als ein Viertel zu den freiwilligen Gemeindeverbänden. Im Durchschnitt war jede niederösterreichische Gemeinde Mitglied in drei freiwilligen Gemeindeverbänden. In Tirol war jede Gemeinde im Schnitt in mehr als vier freiwilligen Gemeindeverbänden vertreten; die freiwilligen Gemeindeverbände machten nahezu die Hälfte der 289 Gemeindeverbände aus.  

Eine Auswertung des Rechnungshofes zum Gebarungsvolumen der freiwilligen Gemeindeverbände für das Jahr 2022 zeigt: Bei 46,2 Prozent der freiwilligen Gemeindeverbände in Niederösterreich lag das Gebarungsvolumen unter 700.000 Euro. Das größte Gebarungsvolumen betrug 58,88 Millionen Euro (Gemeinde Dienstleistungsverband Region Amstetten für Umweltschutz und Abgaben). In Tirol wiesen 45,7 Prozent der freiwilligen Verbände eine Gebarung bis 700.000 Euro aus. Der Gemeindeverband Bezirksaltenheime Lienz hatte mit rund 62,92 Millionen Euro das größte Gebarungsvolumen eines freiwilligen Gemeindeverbands im Jahr 2022.

Presseinformation: Aufsicht über Gemeindeverbände in Niederösterreich und Tirol

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88 Seiten

Bericht: Aufsicht über Gemeindeverbände in Niederösterreich und Tirol

Der Rechnungshof überprüfte die Aufsicht über Gemeindeverbände in den Ländern Niederösterreich und Tirol. Prüfungsziele waren die Erhebung und Darstellung der unterschiedlichen Arten von Gemeindeverbänden in den überprüften Ländern sowie die Beurteilung von Umfang und Zweckmäßigkeit aufsichtsbehördlicher Tätigkeiten insbesondere im Hinblick auf das Rechnungswesen der Gemeindeverbände. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2020 bis 2023.

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