Extremwetterschäden: Rechnungshof für strengere Baubeschränkungen in Gefahrenzonen

10. Oktober 2025 – Regierung soll geeignetes Versicherungsmodell für Abdeckung von Schäden durch Extremwetter entwickeln

Hochwasser - Copyright: Foto: iStock/FooTToo

Durch die Klimakrise nehmen die Häufigkeit und Intensität von Extremwetter­ereignissen zu. Als Folge davon stieg in Österreich die Anzahl potenzieller Unwetter­tage und der Tage mit Starkniederschlägen. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Extremwetterschäden in Österreich“ führt der Rechnungshof eine allgemeine Versicherungspflicht gegen Schäden aus Extremwetterereignissen ins Treffen. Die Möglichkeit, sich gegen Extremwetterschäden zu versichern, wurde nicht umfassend genutzt. Nur etwa fünf Prozent der Werte von Privaten und Unternehmen sind laut Schätzungen gegen Hochwasser versichert. Daher sollte die Regierung ein Versicherungsmodell zur Abdeckung der Schäden entwickeln, das angemessene Entschädigungen und zumutbare Selbst­behalte vorsieht. Aufgrund unterschiedlicher Regelungen zahlen die einzelnen Länder in einem Katastrophenfall unterschiedlich hohe Beihilfen an Private aus. In Hinblick auf Prävention empfiehlt der Rechnungshof ein explizites Verbot von Neubauten in Gefahrenzonen beziehungsweise weitergehende Baubeschränkungen. Der Rechnungshof überprüfte neben den zuständigen Ministerien auch exemplarisch die Länder Kärnten und Tirol. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2023.

In den letzten 25 Jahren gab es bereits vier große Hochwasserereignisse mit gravierenden Schäden in Österreich: 2002, 2005, 2013 und zuletzt im September 2024. Laut OECD ist für Österreich das Hochwasserrisiko die größte Herausforderung bei der Anpassung an den Klimawandel. Die Länder Kärnten und Tirol waren österreichweit im untersuchten Zeitraum am stärksten von Wildbach- und Lawinenereignissen betroffen. Die Hochwasserkatastrophe im September 2024 fand nach dem Ende der Überprüfung durch den Rechnungshof statt.

Schäden in Tirol 1,6-mal so hoch wie in Kärnten

Eine systematische und vollständige Gesamtschau über Schäden durch Extremwetterereignisse in Österreich liegt nicht vor. In Tirol waren die Schäden in den Jahren 2019 bis 2023 mit 315,46 Millionen Euro etwa 1,6-mal so hoch wie in Kärnten mit 194,46 Millionen Euro, ergab eine Erhebung des Rechnungshofes. 

Haushalte und Unternehmen erhalten bei Schäden aus Extremwetterereignissen Beihilfen der Länder. Der Bund refundiert den Ländern 60 Prozent dieser Beihilfen aus dem Katastrophenfonds. Aufgrund unterschiedlicher Regelungen zahlen die einzelnen Länder im Katastrophenfall unterschiedlich hohe Beihilfen an Private aus. Von 2015 bis 2023 deckten beispielsweise die Beihilfen des Landes Kärnten durchschnittlich 31 Prozent der Schäden an privatem Vermögen ab, in Tirol waren es durchschnittlich 63 Prozent. 

Hochwasser: Nur etwa fünf Prozent der Werte von Privaten versichert 

Der Rechnungshof empfiehlt, ein geeignetes Versicherungsmodell zu entwickeln, um private Elementarschäden aus Extremwetterereignissen besser abzudecken. 

Landwirtinnen und Landwirte können sich etwa bei der Hagelversicherung gegen Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen versichern. Im Zeitraum 2012 bis 2022 deckte die Hagelversicherung die aufgetretenen Schäden im Durchschnitt zu 56 Prozent.

Private Haushalte und Unternehmen können sich über eine Elementar­schadenversicherung versichern. Der Versicherungsgrad ist nicht genau bekannt und je nach Risiko unterschiedlich. Laut einer Schätzung aus dem Jahr 2022 waren nur etwa fünf Prozent der Werte von privaten Haushalten und Unternehmen gegen Hochwasserschäden versichert. In der Regel war die Versicherungssumme bei Hochwasserschäden mit 10.000 Euro gedeckelt. In Hochwasserrisikogebieten war der Abschluss einer Versicherung zum Teil ausgeschlossen. 

Private und Unternehmen tragen trotz Beihilfen und Versicherungen Teil der Schäden selbst

Das deutet einerseits auf ein geringes Bewusstsein der Bevölkerung darüber hin, welche Bedeutung die Vorsorge durch Versicherungsschutz hat, andererseits auf die Besonderheiten und begrenzten Möglichkeiten beim Versicherungsschutz gegen Hochwasser. In Frankreich und in der Schweiz besteht eine Versicherungspflicht gegen Hochwasserschäden. Daher empfiehlt der Rechnungshof dem Finanzministerium, gemeinsam mit den Ländern die Bevölkerung dahin gehend zu sensibilisieren, dass Schäden durch Extremwetterereignisse und insbesondere durch Hochwasser nur teilweise durch staatliche Beihilfen und Elementarschadenversicherungen gedeckt werden.

Eine allgemeine Versicherungspflicht gegen Schäden aus Extremwetterereignissen könnte die Tendenz reduzieren, sich vorwiegend dann zu versichern, wenn man in einem gefährdeten Gebiet wohnt, beziehungsweise sich nicht zu versichern, wenn staatliche Hilfen zur Verfügung stehen. Sie könnte die Versicherung bereits bestehender Objekte in Gefahrenzonen ermöglichen und die Schadensdeckungs­quote bei leistbaren Prämien durch die Vergrößerung des Risikokollektivs – das ist eine ausreichend große Anzahl von versicherten Einheiten – erhöhen. 

Der Rechnungshof empfiehlt dem Finanzministerium und dem Landwirtschafts­ministerium, unter Beiziehung weiterer allfällig zuständiger Ministerien, der Länder und weiterer Akteure ein geeignetes Versicherungsmodell zu entwickeln, um Schäden aus Extremwetterereignissen besser abzudecken, und auf einen legistischen Entwurf hinzuwirken, mit dem Ziel einer angemessenen Entschädigung und zumutbarer Selbstbehalte. Dabei sollten internationale Erfahrungen berücksichtigt werden. 

Vorbeugende Maßnahmen treffen

Gegen Schäden durch Extremwetterereignisse können regulatorische und tech­nische Präventionsmaßnahmen getroffen werden. Zu den regulatorischen Maßnahmen zählen die Gefahrenzonenpläne der Wildbach- und Lawinenverbauung. Sie bilden Risiken ab, es leitet sich daraus aber kein weitgehendes Bauverbot in besonders gefährdeten Zonen ab. Für rote Gefahrenzonen soll ein explizites Verbot von Neubauten erwogen werden, für gelbe Gefahrenzonen sollte auf weitergehende Baubeschränkungen hingewirkt werden, empfiehlt der Rechnungshof. Rote Gefahrenzonen sind jene Flächen, die durch Wildbäche oder Lawinen derart gefährdet sind, dass ihre ständige Benützung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Gelbe Zonen sind alle anderen Flächen, deren ständige Benützung wegen der Gefahr von Wildbächen und Lawinen beeinträchtigt ist. 

Die Auszahlungen aus dem Katastrophenfonds betrugen 440,97 Millionen Euro im Jahr 2023. Der Bund stellte über den Katastrophenfonds von 1995 bis 2023 insgesamt 5,893 Milliarden Euro für vorbeugende Maßnahmen zur Verfügung (59 Prozent der ausgezahlten Mittel des Katastrophenfonds). Ein absoluter Schutz vor Hochwasser ist jedoch nicht möglich.

Presseinformation: Extremwetterschäden in Österreich

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110 Seiten

Bericht: Extremwetterschäden in Österreich

Der Rechnungshof überprüfte von Juni bis August 2024 die Gebarung im Zusammenhang mit Extremwetterschäden im Bundesministerium für Finanzen, in den Ländern Kärnten und Tirol sowie bei der GeoSphere Austria. Ergänzende Erhebungen fanden unter anderem im Bundesministerium für Inneres, im Bundesministerium für Landesverteidigung sowie im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft statt. Im Hinblick auf die am 1. April 2025 in Kraft getretene Novelle des Bundesministeriengesetzes richtet der Rechnungshof seine Empfehlungen an das nunmehr zuständige Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft. Prüfungsziel war es, die Entwicklung von Extremwetterereignissen, ihre Auswirkungen, die Kosten der durch sie verursachten Schäden, die Finanzierung der Schadensbeseitigung und Präventionsmaßnahmen darzustellen und zu analysieren. Der überprüfte Zeitraum umfasste insbesondere die Jahre 2019 bis 2023.

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