Transkript Podcast "Trust" – Staffel 3 / Episode 5: Ein Tag ist zu wenig

07. März 2023

"Trust" – Der Podcast aus dem Rechnungshof. Weit mehr als nur die Zahlen. Mit Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofes.

Liebe Frauen und Männer, Sie hören mich wieder aus dem Rechnungshof und im Rechnungshof bilden wir Frauen ein sehr engagiertes Team. Wir sind allesamt Frauen, die sehr gerne unabhängig sind. Bei uns ist es so, dass wir im Rechnungshof einen Frauenanteil von mehr 50 Prozent haben. Wir bilden also wie in der Gesellschaft die Mehrheit ab. Und deshalb fühlt sich der Rechnungshof auch dazu berufen, beim Internationalen Frauentag einiges zu sagen. Denn es ist eines unserer Ziele, die Gleichstellung von Frauen zu unterstützen. Zu unterstützen, dass Frauen in allen Situationen entsprechend wertgeschätzt werden. Dass ihnen für ihre gleiche Leistung auch der gleiche Lohn gebührt und dass die soziale Stellung der Frauen in unserer Gesellschaft allgemein anerkannt wird. Dazu gehört für mich, neben dieser Anerkennung der Leistungen, die Frauen erbringen, natürlich auch der Respekt vor den Frauen. Denn was ich als Rechnungshofpräsidentin gar nicht mag, ist, wenn man Frauen nicht entsprechend achtet. Ich denke, dass Frauen selbstbewusst sein können und müssen. Denn sie können und sollen auch mutig und unabhängig sich in dieser Gesellschaft engagieren und sich entsprechend einbringen und artikulieren. 

Wenn ich die Bilder im Fernsehen sehe, wie die Frauen im Iran und in Afghanistan für ihre Rechte eintreten und sich damit großen Gefahren aussetzen, so ringt mir dieser Mut, der Mut dieser Frauen, größten Respekt ab. Und ich denke, da müssen alle Frauen solidarisch sein. Denn es geht um nichts Geringeres als um gleiche Rechte, gleiche Chancen und um die gleiche Würde von Frauen. Das sind Kämpferinnen, die wirklich für die Sache eintreten. Die es nicht leicht haben.

Und hier in Österreich gehen wir von ganz anderen Voraussetzungen aus. Wir müssen aber ebenso mutig sein, wir müssen für unsere Rechte auch weiterhin kämpfen, denn wir dürfen da nicht nachlassen. Es gibt ja immer wieder die Tendenz, dass man sagt, ihr habt sowieso alle Rechte in Österreich, ihr habt alle Möglichkeiten, ihr habt alle Chancen. Aber es gibt eben auch faktische Grenzen, vor denen wir stehen. Es stehen uns viele Türen offen. Aber oft können wir gar nicht durch die Türen gehen. Wir kommen in der Karriereleiter oft nicht so weit hinauf, wie es unseren Begabungen auch entspricht. Warum? Weil wir vieles zu tun haben.

Wir haben vieles zu tun für die Gesellschaft. Wir haben auch einiges zu tun für unsere Familien. Und wir brauchen hier auch die Toleranz der Gesellschaft für das, wie eine Gesellschaft ausschauen muss, in der die Frauen sich entfalten können. Dazu brauchen wir Voraussetzungen. Wir brauchen die Voraussetzungen für die Betreuung unserer Kinder in den Schulen, in den Kindergärten. Wir brauchen ehrlich gesagt auch die notwendigen Männer, die bereit sind, die Frauen zu unterstützen und sie auch zu akzeptieren in ihrer Rolle und in ihrem Streben, sich selbst zu entfalten.

Und wir brauchen in der Wirtschaft auch die Bereitschaft dazu, wenn man Frauen als Arbeitskräfte gewinnen will, dann müssen die Rahmenbedingungen auch gut sein. Für die Frauen, die hier in den Betrieben arbeiten. Für die Frauen, die in bestimmten Branchen arbeiten, wo sie viel weniger verdienen als Männer. Jene Branchen, in denen Frauen überrepräsentiert sind. Wie zum Beispiel in der Pflege, in den Sozialberufen oder in der Gastronomie. Wo hier die Einkommensnachteile noch wesentlich größer sind. Da muss man sich vieles überlegen.

Und natürlich ist auch in der Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen die Teilzeit ein Punkt, warum dieser Gender Gap so stark ist. Aber man muss sich vielleicht auch überlegen, warum es oft nicht möglich ist, dass man Vollzeit arbeiten kann. Und da müssen Unterstützungssysteme eben funktionieren. Denn ich bin sicher, dass sich Frauen in ihrer Leistungsbereitschaft voll für die Gesellschaft, für die Wirtschaft und für ihre Familien auch einbringen wollen. Der häufigste Grund für die Teilzeitarbeit von Frauen ist die Betreuung von Kindern oder von pflegebedürftigen Angehörigen. Und ich spreche hier einen Punkt an, der viele Menschen in Österreich berührt. Das ist eben zum Beispiel der Pflegebereich. Im Pflegebereich leisten den überwiegenden Anteil der Arbeit die Frauen und er wird nicht entsprechend honoriert. Und ohne die Frauen haben wir überhaupt keine Möglichkeiten, diesen Betreuungsaufwand für die ältere Generation auch zu erfüllen.

Ich denke, dass es großen Handlungsbedarf gibt in vielen Bereichen des Lebens, in vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Und da müssen wir eintreten für die Rechte der Frauen, für die Bedeutung und den Stellenwert von Frauenarbeit in vielen Sektoren des Staates. Der österreichische Rechnungshof hat in seiner Arbeit sich auch vorgenommen, etwas beizutragen, damit die Gleichstellung von Frauen und Männern erfolgreich wird und noch besser wird. Und da haben wir Berichte dazu. Wir haben Berichte zur Frage der Repräsentation von Frauen in Führungsfunktionen. Wir haben Berichte zum Thema der Unterstützungssysteme im Bereich der Kinderbetreuung. Wir haben Berichte zur Frage, wie sich das Steuerrecht auf die Einkommenssituation der Frauen auswirkt. Und was hier zu tun ist, um hier nicht Hürden aufzubauen, damit Frauenarbeit nicht entsprechend entlohnt werden kann.

Schließlich und endlich kann man nicht immer nur davon sprechen, dass es gut ist, wenn Männer viel verdienen. Ich denke, dass es auch wichtig ist, dass Frauen mit dem Einkommen auskommen können, das sie auch verdienen und dass es hier eine entsprechende Bewertung gibt. Denn der Gender Pay Gap, und das zeigen unsere Einkommensberichte, ist wohl der wesentlichste Punkt und der aussagekräftigste Punkt, wo wir Differenzen zwischen Männern und Frauen ganz leicht anhand von Zahlen und Fakten auch messen können.

Ich freue mich darüber, dass der Rechnungshof selbst ein positives Beispiel ist. Dafür, wo Frauen gefördert werden in unserer Institution. Wo es auch in den Führungsfunktionen nahezu gleich viele Frauen wie Männer gibt, wo wir engagierte Frauen haben, die sehr gerne mit den Männern in unserem Haus zusammenarbeiten und wo wir in einem diversen Team zu guten Leistungen und zu Höchstleistungen kommen. Und in diesem Sinne denke ich, hat dieser Internationale Frauentag eine große Berechtigung. Aber ein Tag ist zu wenig, um die soziale Stellung der Frauen zu würdigen. Ich bin dazu bereit, dass wir tagtäglich und in all unseren Berichten für die Rechte der Frauen eintreten. Für Selbstbewusstsein, für Mut und für ein Selbstverständnis, das in unserer Gesellschaft notwendig ist und wo wir niemals Rückschritte erleiden dürfen. Denn das Schlimmste ist, wenn man sich auf Lorbeeren ausruht und am Ende des Tages dann mit Rückschlägen zu tun hat. Denn da muss man wachsam sein. Sonst haben wir nicht mehr die Möglichkeit, unsere Rechte und unsere Positionen voll auszuschöpfen.

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