Transkript Podcast "Trust" – Episode 4: Wie wir entscheiden, was wir prüfen

16. März 2021

"Trust" – Der Podcast aus dem Rechnungshof. Weit mehr als nur die Zahlen. Mit Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofes.

Ich grüße Sie herzlich aus dem Rechnungshof. Es freut mich, dass Sie wieder mit dabei sind bei meinem Podcast. Ich möchte Ihnen wieder etwas berichten und Ihnen erzählen, wie der Rechnungshof jetzt eigentlich zu seinen Prüfungen kommt. Wie wählen wir die Prüfthemen aus, denn schließlich mündet all unsere Arbeit in Prüfberichte. Berichte, die wir dann veröffentlichen. Und da kann ich Ihnen sagen, dass wir diese Arbeit sehr ernst nehmen. Wir haben einen sorgsamen Prozess, wo wir Prüfthemen aussuchen, nach ihrer Vielfalt, nach ihrer Relevanz, nach dem Risiko, das hier vorhanden ist.

Was versteht der Rechnungshof unter Risiko? Der Rechnungshof prüft ja den Einsatz von öffentlichen Mitteln und da beobachten wir, wie sich die öffentlichen Mittel entwickeln, wie sich die Budgets entwicklen, wie sich die Ausgaben entwickeln und wir merken unter Umständen, dass es eine auffällige Schuldenentwicklung gibt, dass es auffällige Abschreibungen gibt von Forderungen. Dass es eine auffällige Haftungsentwicklung gibt. Wir merken auch, dass oft die Dinge nicht reibungslos funktionieren. Da verfolgen wir die Medien, da bekommen wir mit, dass es vielleicht da und dort Schwierigkeiten im Prozess gibt und natürlich wird hier der Rechnungshof sehr aufmerksam. Wir verfolgen auch parlamentarische Anfragen, wenn etwas ein Thema ist, wenn wir hier aus den Beantwortungen schon erkennen können, dass der Rechnungshof etwas beitragen könnte zur Aufklärung, schauen wir ganz genau hin und gießen das in eine Prüfung. Wichtig erscheint uns aber auch, dass wir die geprüften Stellen sozusagen hier routinemäßig auch immer wieder überprüfen, dass wir eine gewisse Gerechtigkeit walten lassen, dass nicht eine Stelle immer geprüft wird und die andere nie. Da sorgen wir auch für den Ausgleich und ich möchte auch wirklich sagen, niemand ist vor dem Rechnungshof sicher. Wir haben eine Präventivfunktion und die präventive Wirkung, dass der Rechnungshof kommen kann, das ist eine ganz zentrale Wirkung. Das heißt also, kleinste Organisationen können mit einer Stichprobe ausgewählt werden und große Budgetvolumina in großen Bereichen, wo wir wissen, da wird ganz viel Geld ausgegeben, da geht es um große Förderprogramme, da geht es um große Aspekte. Sei es im Personalbereich, im Infrastrukturbereich et cetera, die müssen sowieso immer mit dem Rechnungshof rechnen, denn da achten wir sehr darauf, dass der Rechnungshof hier immer am Ball ist und auch regelmäßig nachschaut.

Wir schauen natürlich auch nach bei Unternehmen, bei öffentlichen Unternehmen. Das ist ein wichtiger Punkt. Da gibt es ein öffentliches Interesse, auch wie die wirtschaften. Da gehts nicht nur um betriebswirtschaftliche Aspekte, da geht es um die Frage, wie öffentliche Unternehmen auch hier von der öffentlichen Hand verwaltet werden und wie sie sozusagen auch ihre Aufgaben erfüllen. Denn letztlich geht es immer um die Bürgerinnen und Bürger, die einen optimalen Nutzen haben sollten. Schließlich ist es so, dass wir einen Prüfschwerpunkt haben. Wir haben einen Prüfschwerpunkt, der über mehrere Jahre geht, und den setzen wir uns auch. Da machen wir uns Gedanken zu diesem Prüfschwerpunkt. Der Prüfschwerpunkt aktuell im Rechnungshof ist, beschäftigt sich mit dem Bürgernutzen, mit der Qualität der öffentlichen Leistungserbringung. Das heißt, wir achten auf die Frage, ob es eine qualitätsvolle Aufgabenerbringung gibt. Und weil uns die Bürgerinnen und Bürger so wichtig sind, laden wir die Bürgerinnen und Bürger auch regelmäßig in unseren Planungsprozess mit ein. Wir sagen "zeigen Sie auf" und melden Sie an uns, was sie glauben, was für sie wichtig wäre. Das ist ein aktiver Prozess der Beteiligung. Da wurden wir auch zum Vorbild europaweit. Viele Rechnungshöfe machen uns das auch nach. Zuletzt auch vom französischen Rechnungshof, der in seiner neuen Strategie auch diesen Bürgeraspekt sehr stark einbezieht. 

Ja, der Rechnungshof entscheidet selbstständig über seine Prüfungen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt der Unabhängigkeit, denn der Rechnungshof ist eine externe Finanzkontrolle und er arbeitet sozusagen auf eigene Initiative. Er entscheidet, was er prüft, und wann er eine Prüfung veröffentlicht, da sind wir völlig frei. In bestimmten Fällen gibt es die Möglichkeit, dass wir Prüfaufträge erhalten. Wir können Prüfaufträge von einer Minderheit von Abgeordneten des Nationalrates bekommen, auch von einem Teil der Abgeordneten der Landtage, natürlich auch von einer Mehrheit des Nationalrates, von einer Mehrheit der Landtage, aber die Zahl der Prüfungen ist hier begrenzt, zumindest, was die Minderheitsverlangen des Nationalrates betrifft, da dürfen es nicht mehr als drei Prüfungen gleichzeitig sein. Warum ist das so? Das ist so, damit der Rechnungshof seine Gestaltungskraft voll entfalten kann und niemals politisch instrumentalisiert wird. Denn es ist wichtig, dass wir aus freiem Ermessen und völlig unbeeinflusst eine Beurteilung abgeben und dem Nationalrat darüber berichten können. So gesehen sind wir der Impulsgeber für den Nationalrat und zeigen wir die Dinge gegenüber dem Nationalrat und gegenüber den Landtagen auch auf. Auch im Gemeindebereich gibt es geringfügige Möglichkeiten, dass wir eingeschaltet werden. Bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern, wenn es eine Landesregierung beantragt oder ein Landtag beantragt. Aber das sind begrenzte Möglichkeiten. Das heißt zu 99 Prozent machen wir unsere Prüfungen aus eigener Initiative. Wir sprechen da von ungefähr 70 Prüfungen im Jahr.

Mir ist es als Präsidentin auch sehr wichtig, dass wir relevant sind als Rechnungshof. Das heißt also, relevante, aktuelle Themen aufgreifen und handlungsorientierte Empfehlungen daran schließen aus diesen Prüfberichten. Aus diesem Grund haben natürlich maßgebliche Ereignisse, aktuelle Ereignisse auch einen Einfluss auf unseren Prüfplan. Wenn wir von der COVID-19-Pandemie sprechen, so haben wir im letzten Jahr den Prüfplan adaptiert während des Jahres, um zeitnah Prüfungen einzuleiten, um nach risikoorientierten Gesichtspunkten zu sagen: Da müssen wir hinschauen, da kann nicht der Rechnungshof erst drei Jahre später kommen, sondern da schauen wir jetzt hin. Da hat sich etwas Maßgebliches verändert, da sind Rahmenbedingungen auch in unsere Prüfplanung dann mit eingeflossen.

Und so verstehen wir uns auch. Denn der Rechnungshof ist eine Institution, die in dieses Staatsgeschehen sehr wohl involviert ist und die natürlich an einer Verbesserung des Staates interessiert ist und hier seinen Beitrag leisten will. In diesem Sinne haben wir eben bereits jetzt schon große Hilfsprogramme begonnen zu prüfen. Wir schauen uns die finanzielle Dimension an und in bestimmten Bereichen werden wir uns auch Strategien anschauen. Wenn ich etwa an das Impfen denke, das ist ein ganz aktuelles Thema, das momentan alle Menschen interessiert. Jeder stellt sich die Frage, wann wird er geimpft/wann wird sie geimpft? Da wird es auch, das haben wir noch nicht begonnen, aber da ist das natürlich ein Thema, das auf der Hand liegt, das auch für den Rechnungshof wichtig ist. Der Rechnungshof kann ja dann schauen, wie staatliche Institutionen zusammenwirken und wie das alles zusammenpasst. Was uns manchmal jetzt unerklärlich erscheint, wo wir die Dinge noch nicht ganz verstehen können, vielleicht kann da der Rechnungshof Licht ins Dunkel bringen und kann er dann auch erläuterten, warum hier die eine oder andere Strategie gewählt wurde und warum das so vor sich gegangen ist und das gehört zur Transparenz. Was will der Rechnungshof mit seinen Prüfungen bewirken? Es geht um Transparenz und es geht um Rechenschaft der geprüften Stellen. Das ist das ganze Ziel unserer Arbeit und dafür sind wir auch da. Da arbeiten wir tagtäglich daran und nach bestem Wissen und Gewissen.

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