Transkript Podcast "Trust" – Episode 8: Der Bundesrechnungsabschluss

30. Juni 2021

"Trust" – Der Podcast aus dem Rechnungshof. Weit mehr als nur die Zahlen. Mit Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofes.

Sehr geehrte Damen und Herren, der österreichische Rechnungshof veröffentlicht heute den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2020. Was ist der Bundesrechnungsabschluss? Der Rechnungshof hat die Aufgabe – und das gehört zu einer unserer wichtigsten Funktionen –, den Abschluss für den Bund zu erstellen und diesen auch entsprechend zu prüfen. Wie Sie alle wissen, wir haben ja das Jahr 2020 miteinander erlebt, war dieses Jahr ein besonders schwieriges Jahr. Es war ein Jahr, das gezeichnet war von der COVID-19-Pandemie. Das wirkt sich natürlich im Bundesrechnungsabschluss enorm aus. Wir hatten in diesem Jahr mit einem Rückgang des Wachstums von Minus 6,6 Prozent zu kämpfen. Der Rückgang war drastisch größer, als er bei der Budgeterstellung noch prognostiziert war. Das stellt natürlich den Staat vor Herausforderungen und das führt dazu, dass wir letztlich ein Ergebnis von Minus 23 Milliarden Euro haben. Das ist das Defizit für das Jahr 2020. Diese Situation können wir als Rechnungshof auch erklären. Wir können erklären, wie es zu so einem großen Defizit gekommen ist. Einerseits gab es natürlich niedrigere Erträge, das heißt also weniger Steuereinnahmen. Es gab zusätzliche Maßnahmen des Staates aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds. Es gab wichtige Maßnahmen, etwa im Bereich der Kurzarbeitshilfen, höhere Beiträge für die Pensionsversicherung, für die Arbeitslosenversicherung. Das alles führt dazu, dass wir einerseits zusätzliche Ausgaben haben und höhere Finanzschulden. Die Finanzschulden sind um 29 Milliarden Euro angestiegen. Sie betragen in Summe 238 Milliarden Euro bereinigte Finanzschulden des Bundes. Wir haben Auszahlungen für COVID-19-Maßnahmen getätigt beziehungsweise Mindereinzahlungen in der Höhe von rund 21 Milliarden Euro. Darunter fallen Auszahlungen aus dem Krisenbewältigungsfonds von 8,5 Milliarden Euro und für die Corona-Kurzarbeit von 5,5 Milliarden Euro und es gab eben Steuererleichterungen von 6,4 Milliarden Euro.

Das sind Dimensionen, die natürlich enorm sind. Das war notwendig zur Unterstützung breiter gesellschaftlicher Bereiche. Es geht hier um private Unternehmen, denen geholfen wurde, es geht um den Kunst- und Kulturbereich. Es ging um erhöhte Zuschüsse an ausgegliederte Einrichtungen, aber auch Zuschüsse an die Familien und natürlich gab es zusätzliche Maßnahmen und Zweckzuschüsse an andere Gebietskörperschaften, etwa für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die Pflege, für Investitionsförderungen für die Gemeinden, für die Sozialversicherungsträger und natürlich hat auch der Bund zusätzliche Ausgaben gehabt. Man musste Hygieneartikel erwerben, man musste medizinische Produkte zusätzlich ankaufen. Deshalb zeigt dieser Bundesrechnungsabschluss genau auf, wie hier die Mittel verwaltet wurden und wofür sie auch verwendet wurden, und wir geben auch die Gründe an für Abweichungen, die es zum Voranschlag gegeben hat.

Diese Situation für das Jahr 2020 mit einem Defizit von rund 23 Milliarden Euro wirkt sich natürlich weiterhin aus. Und auch das Jahr 2021 ist ein Jahr, wo wir geplanterweise auch noch ein Defizit von 38,9 Milliarden budgetiert haben. Es kann auch potenzielle Langzeitfolgen der COVID-19-Pandemie geben. Da sind viele Bereiche konfrontiert, das ist der Pflegebereich, möglicherweise der Gesundheitsbereich und ganz stark die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Ein Staat kann vieles tun, um den konjunkturellen Aufschwung auch zu unterstützen durch seine eigenen Investitionen. Auch das ist wichtig. Es spielt ja auch eine Rolle, wofür man Schulden macht. Es geht immer um die Frage, wie tragfähig ist unsere Schuldenentwicklung. Da glauben wir, dass jene Investitionen, die den Aufschwung unterstützen, sinnvoll sind. Dazu gehören meines Erachtens auch ganz stark Investitionen für die jüngere Generation, etwa im Bildungsbereich. Und als Rechnungshof empfehlen wir eine haushaltspolitische Strategie, die muss entwickelt werden und zwar über den tagespolitischen Tellerrand hinaus. Eine Strategie, die nachhaltig wirksam ist. Was meine ich damit? Wir haben niemals mehr gesehen, als während einer Krise, dass es auf Eines ankommt. Der staatliche Sektor muss stabil sein, neudeutsch: resilient sein. Daher brauchen wir belastbare staatliche Institutionen, belastbare Gebietskörperschaften. Alle müssen an einem Strang ziehen, habe ich schon öfters gesagt. Nur so kommen wir zu Reformen.

Der Rechnungshof drängt deshalb sehr stark darauf, dass wir für die Zukunft die richtigen Schlüsse ziehen. Dazu gehört jedenfalls ein klares Bekenntnis zu einer transparenten Budgetierung. Transparenz ist ein Meilenstein, indem was der Staat auch wirklich tut, denn nur so kann er sein Handeln rechtfertigen. Transparente Budgetierung unter Einhaltung der Bestimmungen des Haushaltsrechts, unter Umständen auch eine Weiterentwicklung des Haushaltsrechts. Eine Evaluierung der gesetzten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit, zukunftsgerichtete Reformen. Reformen im Sinne der Generationengerechtigkeit. Reformen im Bereich von Pflege, Pensionen und eben auch in der Bildung. Wir brauchen auch neue Verwaltungsansätze, die sind durch Digitalisierung möglich. Daraus ergeben sich auch Effizienzsteigerungen, aber auch Folgewirkungen. Die muss man quantifizieren und die muss man dann auch entsprechend ansetzen und konsequente Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele, mit denen man Wachstumspotenziale ausschöpfen können.

Das könnte ein Weg sein, wie wir wieder gut aus der Krise kommen, wie wir wieder Optimismus schöpfen können und wo wir eine staatliche, gemeinsame Langfriststrategie entwickeln können, denn man darf erstens niemals aufgeben. Das haben wir gelernt. Wir haben gelernt, in der Krise zu rudern und uns weiterzuentwickeln, und zweitens muss man in die Zukunft blicken aus Verantwortung für zukünftige Generationen. Da darf man nicht in der Tagespolitik verharren. Da muss man vorausblicken und vorausdenken. Das erwartet sich der Rechnungshof immer von staatlichen Institutionen und von den Verantwortlichen auf Regierungsebene.

Sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht haben Sie Interesse auch tatsächlich einen Blick in den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2020 zu werfen. Er ist ein umfangreiches Werk, um nicht zu sagen ein Kompendium. Er besteht aus vier Bänden. Einem allgemeinen Bundesteil mit einer – meines Erachtens – sehr interessanten Kurzfassung, wo wir die ganzen Schlussfolgerungen aus diesem Zahlenwerk ziehen. Einem zweiten Band, der in den Untergliederungen die Budgets für die einzelnen Ressorts beinhaltet. Einem Band drei, der berichtet über die Ordnungs- und Belegprüfung des Rechnungshofes und besonders will ich Sie hinweisen auf den Band vier. Er stellt den COVID-19-Krisenbewältigungsfonds dar – jenes zentrale Instrumentarium zur Abwicklung der Corona-Hilfsmaßnahmen innerhalb des Bundes. Ich denke, dass der Bundesrechnungsabschluss ein umfassendes Werk des Rechnungshofes ist. Da steckt viel Arbeit unserer Prüferinnen und Prüfer drinnen. Sie müssen nicht alle Seiten lesen. Sie können ihn durchblättern, Sie können jene Teile herausnehmen, die Sie interessiert. Wenn Sie sich für ein Fachgebiet interessieren, schlagen Sie nach. Wie schaut's aus mit dem Budget unserer Republik? Was haben die Ministerien mit dem Geld gemacht und was fällt Ihnen ein, wofür der Staat zukünftig da sein sollte? Das gibt eine gute Übersicht über alle Bereiche des Staates und der Bundesverwaltung.

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